Karriere machen als Frau – Trotz oder mit Kind?

Ody: Gab es Momente, in denen du dir mehr Unterstützung gewünscht hättest? Wie hätte diese aussehen können?

Isabelle: Bisher nicht.

Constanze: Was mich regelmäßig nervt: das Kitasystem. Die gesamte Struktur (natürlich auch historisch gewachsen und bedingt durch verschiedene Faktoren) bedeutet, dass ab 15:30 Uhr eigentlich nur noch ein paar Kinder da sind und wenn ich meinen Sohn um 17 Uhr abhole, er der letzte ist – und das ist in fast jeder Kita so. Da kommt bei mir auch mal ein schlechtes Gewissen hoch, obwohl ich weiß, dass mein Sohn dort in guten Händen ist. Ich würde allerdings nie auf die Idee kommen, ihn bis 18 Uhr dazulassen. Ob ich das wollen würde, ist dabei die nächste Frage, aber erstmal rein strukturell gesehen. Zum Glück habe ich Familie in der Nähe, die gerne und viel unterstützt. Ohne hätte ich keine Ahnung, wie ich alles schaffen würde, geschweige denn (unter der Woche) mal Zeit für mich haben könnte. Die zweite Sache: positive Vorbilder von Frauen in Führungspositionen mit Kind. Die gibt es – wenn auch nicht zuhauf -, doch es fehlt an vielen Stellen an Sichtbarkeit.

Ody: 62 Prozent der befragten Frauen erledigen den Großteil der Care-Arbeit zu Hause. Hat der Trend hin zum Homeoffice deiner Meinung nach dabei geholfen, Kind und Karriere besser miteinander zu vereinbaren, oder eher den gegenteiligen Effekt erzielt?

Isabelle: Während der Pandemie wurde ersichtlich, dass Familien in traditionelle Rollenbilder zurückgefallen sind. Die Frau war für die Care Arbeit zuständig und hat weniger gearbeitet. Der Trend zum Homeoffice resultiert aus der Pandemie und macht natürlich einige Abläufe flexibler. Daher hilft er auf der einen Seite bei der Vereinbarkeit, auf der anderen Seite lässt er die Grenzen zwischen Beruf und Privatem aber auch verschwimmen. Ich bin tatsächlich großer Büro-Fan und will nach meiner Elternzeit auch wieder viel vor Ort sein.

Constanze: Jein. Was hilft, ist die Möglichkeit, aus dem Homeoffice zu arbeiten, wann immer gewünscht. Allerdings ändert Homeoffice wenig an strukturellen oder historisch gewachsenen Themen, wie zum Beispiel der Verteilung der Geschlechter in Führungspositionen oder in der Aufteilung von Elternzeit. Nur durch viele verschiedene Maßnahmen können wirkliche Veränderungen geschaffen werden.

Ody: Vielen Dank für das inspirierende Interview!

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Bildquelle: Pexels; CC0-Lizenz