Klingt unglaublich, ist aber wahr: Auch Männer können stillen
Folgt man der weitläufigen Meinung, so haben männliche Brustwarzen keine Funktion – außer vielleicht die einer erogenen Zone. „Muttermilch“ könnten Väter auf jeden Fall nicht produzieren, das ginge ja allein schon wegen dem Namen nicht! Die Wirklichkeit ist aber wie so oft ein gutes Stück komplexer.
Kommen wir doch gleich zu dem Grund, aus dem „Muttermilch“ in Anführungszeichen gesetzt wurde: Dies geschieht nicht um Frauen, die Mütter sind, in irgendeiner Art und Weise anzugreifen oder zu diskreditieren. Nur lässt eben der Begriff „Muttermilch“ außer Acht, dass auch Männer die biologischen Voraussetzungen zur Laktation (also Milchbildung) mitbringen und dass es durchaus Väter gibt, die ihre Babys stillen!
So verlieh die englische Organisation „Fathers Direct“ den Männern des zentralafrikanischen Aka-Stamm im Jahr 2023 den Titel „Die besten Väter der Welt“: Nicht nur, weil sie fast die Hälfte ihrer Zeit mit ihrem Nachwuchs verbringen, sondern auch weil sie ihre Babys stillen – jedoch nur zur Beruhigung, nicht zur Fütterung.
Dabei gibt es sogar vereinzelt Väter, die genug Brustmilch produzieren können, um damit ihre Kinder zu versorgen. Einer dieser Väter war B. Wijeratne: Der Mann aus Sri Lanka übernahm im Jahr 2002 das Stillen seiner damals 18 Monate alten Tochter, nachdem die Mutter bei der Geburt ihres zweiten Kindes verstorben war. Wie vermutlich die allermeisten Väter, die sich in so einer Situation wiedergefunden haben, versuchte er zuerst sie mit Formula-Nahrung zu füttern. Diese lehnte seine Tochter jedoch gänzlich ab. Irgendwann hab er es laut eigener Aussage nicht mehr ertragen können, sie schreien zu sehen und gab ihr – erfolgreich – die Brust. In diesem Moment fand er heraus, dass auch er Milch produzieren und sie stillen kann. Wijeratne ist der womöglich am besten dokumentierte Fall eines Vaters, der nicht erst das Haus verlassen muss, um Milch zu holen.
Auch Männer haben, was es bräuchte
Männer haben nicht nur Brustwarzen, sondern auch Milchdrüsen und eine Hypophyse. Letztere bildet das Hormon Prolaktin, welches für die Milchproduktion verantwortlich ist. Wieviel Prolaktin produziert wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Männer produzieren im Schnitt weniger Prolaktin als Frauen, bei schwangeren Personen ist der Ausschuss an Prolaktin nochmal höher. Ein essenzieller Reiz ist jedoch auch das Saugen des Babys an den Brustwarzen – das regt nicht nur bei Müttern, sondern auch bei Vätern die Milchproduktion an.
Zudem gibt es noch die Möglichkeit der induzierten Laktation: Diese kann sowohl in Form regelmäßig wiederholter mechanischer Stimulation der Brustwarzen als auch in Form von Medikamenten vonstattengehen.