Leon, 23, spendet seine Spermien
Für viele Paare ist es die absolute Horrorvorstellung, wenn sie keine Kinder bekommen können. Ist zum Beispiel der Mann nicht zeugungsfähig, können junge Männer wie Leon* helfen. Er ist Samenspender und gibt dadurch Paaren die Möglichkeit, doch noch Mama oder Papa zu werden. Masturbieren für Geld ist aber nicht sein Hintergedanke. Er freut sich, dass er andere dabei unterstützen kann, schließlich möchte er selbst auch irgendwann einmal Vater werden. Doch nicht jeder, der möchte, kann tatsächlich auch spenden, die Anforderungen der Samenbanken sind hoch. Im Interview mit ZEITjUNG erzählt Leon über Sperma, Stolz und „seine“ Kinder.
ZEITjUNG: Wie bist du darauf gekommen, deine Spermien zu spenden?
Leon: Ein Kollege erzählte mir, dass er und seine Partnerin kein Kind bekommen können und bei einer Samenbank nach einem Spender gesucht haben. Das brachte mich auf die Idee: Ich besitze schon einen Organspendeausweis, spende Blut und habe mich dann auch zu diesem Thema beraten lassen. Bei einer Samenspende ist Beratung wichtig, schließlich ist es ein größerer Schritt Samen zu spenden und ein biologischer Vater zu werden, als nur Blut zu spenden.
Pro Spende bekommst du rund 80 Euro. Ein Anreiz?
Das Geld spielt keine Rolle, sondern der Gedanke ein Leben mitzugestalten.
Welche Voraussetzungen musstest du erfüllen?
Ich wurde komplett durchgecheckt und die Qualität meiner Spermien, die überdurchschnittlich sein muss, wurde getestet. Nach knapp zwei Monaten kam die Rückmeldung, dass ich optimal geeignet wäre. Generell sollte man nicht viel rauchen und Alkohol trinken, außerdem sollten die Spender nicht zu alt sein – die ältesten sind um die 40 Jahre. Direkt vor der Spende muss man eine drei- bis fünftägige Karenzzeit einhalten, dann sind die Spermien für eine Befruchtung am besten geeignet.
Wie war deine erste Spende?
Ich wurde in einen kleinen Raum geschickt, eine neutrale Umgebung wie beim Arzt. Die Situation war ungewohnt, aber das Gute ist: Wenn es nicht klappt, verschiebt man den Termin einfach. Das ist mir aber noch nie passiert.
An was denkst du während der Samenspende?
Ich versuche, vom Gedanken wegzukommen, dass ich in einem Arztzimmer bin. Dann geht es. Denn wenn du dir zu viel Druck machst und denkst „Ich muss abliefern“, ist es wie beim normalen Geschlechtsverkehr – es geht schief.
Weißt du, was mit deiner Spende im Anschluss passiert?
Die Spenden werden eingefroren. Am Ende eines Zyklus, also nach zehn bis zwölf Spenden, folgt ein halbes Jahr später eine Nachuntersuchung. Wenn da alles passt, werden sie für die Ärzte freigegeben. Ob und wie viele Befruchtungen dann funktionieren, erfahre ich allerdings nicht.
Könnten die Samenspenden zu einem Problem in einer Beziehung werden?
Wenn ich eine Partnerin habe, will ich offen kommunizieren, dass ich das gemacht habe. Es kann schließlich sein, dass später das Kind den Spender kennenlernen möchte. Die Konsequenzen sind mir aber bewusst und werden vor der ersten Spende in einem psychologischen Gespräch erklärt: Doch solange die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, können zwischen dem Spender und dem gezeugten Kind keine Rechte und Pflichten entstehen.
Was ist das für ein Gefühl, zu wissen, dass da draußen vielleicht deine Kinder leben?
Es macht mich glücklich und ein bisschen stolz, denn meiner Meinung nach sind wir auf der Welt, um uns fortzupflanzen. Aber ich würde diese Kinder nicht als meine eigenen Kinder bezeichnen. Ich bin ihr Erzeuger, die Vaterrolle werde ich für sie nie einnehmen.
Wünscht du dir, dass die Kinder später Kontakt zu dir aufnehmen?
Neugierig bin ich schon, aber ich versuche, nicht zu viel darüber nachzudenken. Angenommen, es käme irgendwann zu einer Begegnung und ich erkenne dann optische Ähnlichkeiten, muss ich das bestimmt erst verarbeiten. Aber ich denke, ein Treffen wäre etwas Positives. Vor allem weil ich dann weiß, dass meine Spende anderen Menschen geholfen hat Eltern werden zu können.
Was sagen deine Familie und Freunde?
Laut Vertrag darf ich niemandem sagen, dass ich Spender bin, außer meiner Partnerin oder Lebensgefährtin. Ich darf das nicht einmal meiner Familie erzählen. Mit der Anonymität hatte ich nie ein Problem. Aber wenn ich ehrlich bin, würde ich es gerne dem Paar sagen, wegen dem ich angefangen habe meine Samen zu spenden.
*Name von der Redaktion geändert
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Bildquelle: privat