Liebeserklärung an: den Glühwein

Es sind die kleinen Dinge, die uns den Alltag versüßen. Wir alle kennen diese kleinen Muntermacher, die uns in stressigen Situationen retten, an schleppenden Tagen motivieren oder die guten Tage noch schöner werden lassen! Unsere Liebeserklärung bietet diesen Glücksmomenten eine Bühne.

Lieber Glühwein, 

Wo soll ich anfangen? Beginnen wir oberflächlich. Deine Farbe tiefrot, violett, du dampfst zu mir hoch und mein Gesicht erwärmt sich. Denn: Es ist kalt geworden, Dezemberwetter und die Weihnachtsmärkte gerade zu. Der Ort ist geschlossen, an dem wir uns kennenlernten. Lange stand ich an, gedrängt in einer Menschenmasse, bis ich zu dir kam. Der Preis, ich bin ehrlich zu dir, happig – vor allem die Sache mit dem Becherpfand. Deshalb nahm ich dich schon so oft mit nach Hause, über Nacht. Am Morgen, als ich dich erblickte, seltsame Scham. War das jetzt nötig?  

Deine süße Frische, Kirscharomen und deine zimtige Würze bringen mich in weihnachtliche Stimmung. Aber deine weinige, schwere Note macht mich nachdenklich, vermehrt dann, wenn mich wegen dir die Kopfschmerzen plagen. Du bist mit Vorsicht zu genießen. Erst zu heiß, dann zu kalt. Bei jedem Schritt die Gefahr: rote Flecken auf der Kleidung. Aber mit Freunden (und dir) zusammenzustehen, einfach zu schön. Eingepackt in eine warme Jacke und schunkelnd zu „Last Christmas“ bist du mir am liebsten. Meine Lippen und Bäckchen erröten durch dich und du hinterlässt ein pelziges Gefühl am Gaumen.  

Wo kommst du eigentlich her?

Dich gibt es in den unterschiedlichsten Varianten, da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Ob Rot- oder Weißwein, ob zimtig oder fruchtig, ob klar oder schwer. Die Geschichte deiner Vorfahren geht aber schon weit voraus. Die gewürzten Weine wurden nämlich schon im Mittelalter getrunken. Kalt und mit vielen Gewürzen. Glühwein war damals ein Allheilmittel, durch die enthaltenen ätherischen Öle, wurde aber nicht zum Genuss konsumiert.

Anders bei den Römern, bei denen wir das erste Rezept deiner Art finden: als Grundlage diente Wein und hinzu kamen Safran, Dattelkerne, Honig, Pfeffer und Mastrix. Da diese exklusiven Zutaten sehr teuer waren, kamen nur die Reichen in den Genuss des wärmenden Getränks. Auch die Griechen haben schon früh angefangen, ihren Wein zu würzen. Das Ganze hatte aber auch eher pragmatische Gründe: die Gewürze verlängerten die Haltbarkeit.

Glühwein im Winter, wie wir dich kennen und lieben, gibt es erst seit dem 20. Jahrhundert. Die erste verkaufte Flasche wurde 1956 in Augsburg abgefüllt und bis heute können wir die verschiedensten Glühweine kaufen. Stephan Reinhardt, einer der bekanntesten Weintester Deutschlands, schreibt in der Süddeutschen Zeitung, dass es auf die Qualität des Rotweines ankäme, an der auf den meisten Weihnachtsmärkten gespart wird. Wer also einen richtigen, klassischen Glühwein trinken möchte, der kauft einen guten Wein und würzt ihn wie die Römer.

Selbstgemacht bist du noch besser.

Durch die Ausgangssperre mache ich dich auch lieber selbst. Guter Rotwein in den Topf, dazu Zimt, Ingwer, Granatapfel, Orange, Zitrone, Muskat und Honig. Dann wird die Musikbox angemacht und ich tanze mit meiner Familie durchs Wohnzimmer. Schön, dass es dich gibt und danke, dass du auch in dieser schwierigen Zeit an meiner Seite stehst.  

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Pexel, GIF; CCO-Lizenz