Junges Paar sitzt im offenen Fenster auf einem Dach

LiebesLeben: Über schwierige Abschiede und gewagte Neuanfänge

Katja malt mit Sprache Bilder auf ihre Wortleinwand. In ihrer Kolumne nimmt sie euch mit in ihr Atelier: Als absoluter Gefühlsmensch schreibt sie über die Liebe und das Leben – ein bisschen philosophisch und ein bisschen psychologisch, mit einem Hauch von Melancholie.

„Schwierig“ ist gar kein Ausdruck dafür, wie sich Abschiede meistens anfühlen – selbst dann, wenn sie nur vorübergehend sind. Weshalb kostet es so viel Überwindung, das Altbekannte loszulassen? Und wie fasst man den Mut, sich trotzdem in neue Abenteuer zu stürzen?

„Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren.“ – Ein Zitat, das wohl von einem französischen Schriftsteller namens André Gide stammt.

Aber eigentlich ist es mir völlig egal, wer diesen Satz wann von sich gegeben oder aufgeschrieben hat. Wichtig ist nur: Es ist der Satz, der auf dem abgerissenen Kalenderblatt steht, das eine Freundin mir in die Hand drückt.

„Falls wir uns vor deiner Reise nicht mehr sehen. Bei dem Spruch musste ich an dich denken“, sagt sie.

Das Ganze ist mittlerweile mehr als einen Monat her. Und mittlerweile ist auch meine Abreise deutlich näher gerückt. Es geht nach Lateinamerika, und zwar für vier Monate. Für eingefleischte Weltreisende mag das nach einer kurzen Zeit klingen, aber ich war noch nie für so lange Zeit weg – und schon gar nicht an einem Ort, an dem mich ein riesiger Ozean von meinen Liebsten trennt.

Ich mochte den Spruch, der das abgerissene Kalenderblatt meiner Freundin ziert, sofort. Dieser André Gide hat Recht mit dem, was er da sagt: Man hat keine Chance auf neue Erfahrungen, wenn man nicht riskiert, alte Erfahrungen hinter sich zu lassen. Keine Chance auf Neuanfänge, wenn man nicht riskiert, Abschiede in Kauf zu nehmen.

Das ergibt Sinn.

Aber das ändert nichts daran, dass es schwer ist, sich zu verabschieden.

Ich habe mich anlässlich meiner Abreise mittlerweile schon von einigen Menschen verabschiedet, die mir sehr am Herzen liegen. Schon einige Male war ich kurz davor, in Tränen auszubrechen, und konnte das nur verhindern, indem ich rechtzeitig die Reißleine gezogen habe.

Und die schlimmsten Abschiede stehen mir noch bevor: und zwar die von meinen engsten Freundinnen, meinen Eltern und meinem Freund.