„Ein Mann, ein Wort, ein Unterhemd…“

„… keine Haare aufm Kopf, aber gut gekämmt.“ Mit diesen Worten tanzen Jennifer Rostock barfuß durch die Welt. Aber was muss ein Mann tragen, um ausgezeichnet gekleidet zu sein? Laut TV-Moderator Karl Stefanovic reicht ein einziger Billiganzug. Es war ein interessantes Experiment, was der TV-Moderator aus Sydney heimlich durchgeführt hat: Ein ganzes Jahr lang trug er denselben Billiganzug. Laut eigenen Angaben eine billige Kopie der Luxusmarke burberry. Keinem fiel es auf, der Moderator gilt bei seiner Todayshow beim australischen Sender Nine Network als gutaussehend, bestens gelaunt und top angezogen.

Eigentlich wollte Stefanovic den Billiganzug nur einen Monat tragen. Doch niemand wurde darauf aufmerksam, also machte er weiter. Ein ganzes Jahr lang wechselte er nur Hemd und Krawatte. Das Ergebnis: Die Zuschauer beschwerten sich regelmäßig. Doch nicht über ihn, sondern über die wechselnden Outfits seiner Moderationskolleginnen Lisa Wilkinson und Samantha Armytage. Stefanovic hingegen trug im wahrsten Sinne immer dasselbe Strickmuster und wurde dafür sogar noch gelobt. Wenn Stefanovics kritisiert wurde, dann primär wegen seiner Arbeit. Die Art und Weise, wie er Interviews führte, wie schlecht sein Humor sei. Währenddessen wurde bei dem weiblichen Moderatorenteam vermehrt und völlig trivial über ihre Kleidung diskutiert.

Reicht es also aus, sich in einen Billiganzug zu zwängen, um ernst genommen zu werden? Die Antwort scheint Ja zu lauten – Martin Sonneborn trägt ausschließlich Anzüge von C&A und sitzt damit sogar im EU-Parlament. Er selbst will, wie er im Propaganda-Dokumentarfilm der Partei sagt, im grauen C&A-Anzug an die Macht.

Der Dresscode ist auch für die anderen Parteimitglieder Pflicht. Und tatsächlich fällt Sonneborns 49-Euro-Sakko neben den maßgeschneiderten 500-Euro-Jackets im EU Parlament kaum auf. Der Billiganzug also als modische Satire, der die Kleidervorschrift in der Politik und im Showbusiness ad absurdum führt? Das Experiment des australischen TV-Moderators war natürlich ein gefundenes Fressen für die Sexismus-Debatte. Karl Stefanovics bewies, dass sich Frauen offenbar primär auf ihre Erscheinung verlassen müssen, während bei Männern Inhalte zählen. Aber vielleicht ist unsere Gesellschaft irgendwann so weit, dass sie neben Dekolletés, Beinschlitzen und dem Po von Kim Kardashian auch über Manschettenknöpfe, Krawattenknoten und Kragenweite diskutiert. Solange das nicht der Fall ist, hat das aber auch sein Gutes: Für nur 50 Euro ist man als Mann ganzjährig top gekleidet.

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Bildrechte: Flickr SUIT david pacey unter CC BY 2.0