„Luden – Könige der Reeperbahn“: 70er und 80er in St. Pauli

Female Pain im Pelzmantel

Vor allem aus der Feder von Männern stammen oft Geschichten, die „Female Pain and Death“ fetischisieren. Die heroinabhängige Prostituierte verendet fast an Aids auf ihrem Badezimmerboden – natürlich oberkörperfrei. Junge Frauen werden verkauft, weil sie nicht genug Geld einbringen, und begehen dann Selbstmord. Töchter werden von ihren Vätern mit einem Gürtel ausgepeitscht und Mütter wollen sich prostituieren, „weil sie Spaß daran haben“. Alles nichts Neues. Die Prostituierte Jutta gehört bei der „Nutella-Bande“ zwar auch zu den Strippenzieher*innen, aber wirklich empowernd ist ihre Rolle nicht.

Das Setting hingegen überzeugt mit Authentizität: Leo-Muster, Pelzmäntel, Kokain und schicke Schlitten. Deep Purple und Extrabreit sorgen dafür, dass man sich in der Zeit zurückversetzt fühlt. Schnauzer und Pilotenbrillen tragen ebenfalls zum Retro-Feeling bei.

Die Schauspieler*innen verkörpern ihre Rollen sehr authentisch. Vor allem Klaus‘ Hamburger Dialekt vermittelt das Gefühl, sich wirklich in den Gassen St. Paulis zu befinden. Das lenkt davon ab, dass man die nächste Szene meist schon vorhersehen kann: Zwischen Ohrfeigen und nackten Brüsten mangelt es leider an Spannung.

Ursprünglich sollte „Luden – Könige der Reeperbahn“ von der ersten Polizistin der Martinswache handeln. Das Setting wäre das gleiche gewesen: Zuhälter auf der Reeperbahn Anfang der 80er Jahre. Diese Geschichte hätte ich mir im Jahr 2023 eher gewünscht. Aber wer auf die 70s und 80s steht und sich für die Geschichte des Klaus Barkowsky interessiert, sollte sich die Serie nicht entgehen lassen.

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Bildquelle: ©Susanne Schramke/Prime Video/NEUESUPER