Zum Heiland mit Maeckes: „Als Kind war ich erwachsener als heute“

Es gibt nur wenige Künstler, die so vielseitig sind wie Maeckes: Rappen? Check. Schauspielen? Been there, done that. Singen bei Gitarrenkonzerten? Auch kein Problem. Auch drehte der Stuttgarter Markus Winter, so Maeckes‘ bürgerlicher Name, Musikvideos, produzierte Beats und versuchte sich als Zeichner und Maler. Langeweile scheint in Maeckes‘ Kosmos ein Fremdwort zu sein, er selbst ein stets eingespannter Workaholic, der von Herausforderung zu Herausforderung springt, als sei er Mike Powell.

Da wundert es nicht, dass es mehr als ein Jahrzehnt seit Karrierebeginn dauerte, bis Maeckes‘ Debütalbum „Tilt“ nun endlich in den Startlöchern steht. Am 21. Oktober ist es dann aber so weit: Auf 14 Anspielstationen und 64 Minuten entführt er seine Zuhörer in eine melancholisch-triste Gedankenwelt, die Zwischenmenschliches ebenso wie die eigene Gefühlsregungen zum Thema hat. Produziert wurde es von dem Singer/Songwriter Tristan Busch, Äh Dings und Maeckes selbst. Was der US-amerikanische Drehbuchautor und TV-Produzent Casper Kelly von der Platte hält, lässt sich bereits nachlesen. Und liest man Kellys Ausführungen, addiert dazu Maeckes‘ Talent und die Zeit, der sich für „Tilt“ nahm, kann man getrost sagen: Ja, wir sind gespannt wie Bolle!

Grund genug, das Orsons-Mitglied und ehemaligen „Marlboro-Cowboy“ persönlich zu treffen. Als wir Maeckes im Universal-Gelände am Spreeufer neben an der Oberbaumbrücke begegnen, scheint draußen in Berlin die Sonne; es ist der vielleicht letzte wirklich sonnige Spätsommertag in der Hauptstadt. Draußen tummelt sich das altbekannte Publikum aus Kreuzberg und Friedrichshain. Im siebten Stock treffen wir einen gut gelaunten und redseligen Maeckes, der ein weißes Hemd mit aufgenähtem Mittelfinger trägt und am Catering-Tisch Trauben und Brötchen snackt.

 

ZEITjUNG: Hi Maeckes, wie geht’s Dir?

Maeckes: Mir geht’s tatsächlich sehr gut. Heute ist der erste Interviewtag, deshalb bin ich noch relativ frisch. Und ansonsten kommuniziere ich auf ganz vielen Kanälen ja nicht direkt mit der Welt, bin aber an Dingen – wie etwa der Videoproduktion – beteiligt.

Apropos Promotion: Ich hatte das Gefühl, dass Du relativ viele unkonventionelle Strategien für das Bewerben deines neuen Albums benutzt hast. Etwa aufwendige Sammlungen von Zeichnungen oder ein Maeckes-Lookalike-Contest. Was war da der Gedanke dahinter?

Die meisten Ideen gingen tatsächlich auf mich zurück. Ich mag es, wenn ein Album als ein großes Ganzes betrachtet werden kann. Das gefällt mir. Die Zeichnungen für die Boxen etwa gingen auf den Gedanken zurück, dass ich es total schade fand, in den letzten Jahren kaum noch zum Zeichnen gekommen zu sein. Ich habe mir sozusagen dann diesen Zwang selbst auferlegt, wenn auch nur aus Jux und Tollerei. Ich dachte: Irgendwie wäre das doch geil. Wenn man schon so eine komische Box macht, wäre es cool, den Fans etwas Individuelles und Einzigartiges zu geben. Wir haben dann gesagt: Tristan, Äh Dings und ich zeichnen jetzt jeden Abend. Das hat mich dazu gebracht, wieder einem meiner Hobbys nachzugehen.

Als ich das erste Mal von Dir gehört habe, war das vor etwa zehn Jahren, in einem popligen Rapforum, das URBAN hieß. Damals warst du kaum jemandem bekannt und hast eine Veröffentlichung gehabt, die „Der bessere Mateja Kezman Tonträger“ hieß. Dein Debütalbum „Tilt“ bringst du jetzt nach all diesen Jahren heraus – und es fühlt sich an wie ein Debüt. Warum hat es so lange gedauert, bis dein erstes eigenes, großes Soloprojekt herauskommt?

Das hat sich einfach so ergeben. Ich wollte einfach immer sehr viele verschiedene Sachen machen. Mich haben auch ganz schnell Sachen, die länger verfolgt wurden, irgendwann gelangweilt. Bevor ich in eine Idee extrem viel Kraft reininvestiert habe, hatte ich drei andere Ideen, denen ich eher nachgehen wollte. Das waren dann ganz verschiedene Dinge: Theater, darstellende und bildende Kunst, das Lernen von Instrumenten und der Umgang mit Programmen, verschiedene spontane Musikprojekte. In den letzten Jahren war ich bei den Orsons-Alben sehr involviert, das hat Zeit gekostet und mich dazu gebracht, meine Solosachen klein zu halten. Irgendwann habe ich dann aber gemerkt, dass ich gerne paar Songs machen würde, die mir auf dem Herzen lagen, an einem eigenen Soundbild zu feilen, gute Videos zu produzieren. Der Wunsch kam dann Stück für Stück auf und jetzt ist – endlich! – nach all der Zeit mein eigenes Album da.