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Sehnsucht ist nur der Muskelkater der Liebe

Was man nicht kriegt, das will man dann haben

Das ist jetzt leider gehörig schief gegangen. Sie heiratet. Das hat etwas Gleichbedeutendes mit „Sein Leben im Griff haben“. Und das ist in unserem Alter, dank der Eigenverantwortung, ein sehr lebensdefinierendes Thema. Im Dunstkreis verlobter Freunde und werdender Mütter, komme ich mir oft unreif und benachteiligt vor. Mein reguläres Ich – etwas ängstlich, selbstverliebt und egoistisch – findet es scheiße, dass sie heiratet. Es hofft, dass die Ehe in die Hose geht, sie den Schritt verzweifelt bereut und realisiert, dass ich der einzig wahre Held in ihrem Leben war, bin und immer sein werde.

Auch wenn ich sie gar nicht mehr zurück will, ich würde mich definitiv besser fühlen. Wir müssen uns deswegen aber nicht schämen. Obwohl das sehr nach einem schlechten Menschen klingt, steckt in diesem Denken noch eine Menge Herz, denn das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass. Das ist noch immer ein Gefühl. Das Gegenteil ist Gleichgültigkeit. Und so ist es mir nicht egal, dass sie einen anderen heiratet. Aber tief in mir drin – wo mein gutes Ich wohnt, das ich manchmal raus lasse, wenn ich keine Angst habe – freue ich mich für sie und hoffe, dass es besser läuft als bei uns.

Der aufbrausende Kühlschrankmotor ermahnte mich, endlich eine Wahl zu treffen. Ich entschied mich für die angebrochene Packung Schokolade und ging relativ beruhigt zu Bett.

„Die Sehnsucht ist nur der Muskelkater der Liebe“

Ich mag diesen Spruch. Er entlarvte meine Vorstellung, dass diese eine spezielle Liebesgeschichte, der ich insgeheim noch hinterher trauerte, vielleicht ja doch noch nicht ganz vorbei ist, als irrationalen Nonsens. Nun steht sie verlegen lächelnd vor mir und hat einen runden Bauch. Sie ist schwanger. Ja, das klingt nach einem ziemlichen Hammer, aber nö. Alles cool. Es erklärt die Verlobung. Ich berühre ihren Bauch und erkenne überraschend klar, dass sie endgültig eine Richtung eingeschlagen hat, in die ich ihr nach wie vor nicht folgen kann.

Solange sie sich von meinem Stammlokal fern hält, ist alles in Ordnung. Ich kann nur hoffen, dass sie mit ihrem Leben glücklich ist und solange wir uns weiterhin in unterschiedlichem Tempo bewegen, ist das ein umso besseres Zeichen für unsere Entscheidungen. Schließlich ist die Beziehung am Ende gescheitert und man sollte diesen Unfall nicht länger im Rückspiegel betrachten. Die Augen gehören auf die Straße vor uns, auf der wir vielleicht irgendwann jemanden finden, mit dem wir schwanger werden und heiraten und unsere Schokolade teilen, bevor wir ins Bett gehen, teure Hochzeitskleider aussuchen und Sitzordnungen zusammenkleben. Ich mag diese Vorstellung. Wenn die Zeit reif dafür ist.