Modeblog, Anleitung, Satire, Selbstdarstellung, ueberfluessig

Ich blogge, also bin ich

Von Sophia Rossmann

Du bist die unbestrittene Shopping-Queen oder auch der Shopping-King unter deinen Freunden, Guido Maria Kretschmer würde dir satte 10 Punkte für deinen vor Prachtteilen explodierenden Kleiderschrank geben? Na dann wird’s natürlich höchste Zeit für deinen eigenen Modeblog. Fünf Schritte, die dich in den Blogger-Olymp aufsteigen lassen.

 

Schritt 1: It’s all about FASHION

 

Das Herz deines Blogs bildet natürlich die Mode. Erste Voraussetzung: Du erkennst die Keypieces der neuen Zara-Kollektion auf einen Blick. Kombiniere diese dann nur noch geschickt mit ein bisschen H&M und Mango und bäm: You’ve got the look, baby. So praktisch, ein Style den jeder deiner vom echten Leben scheinbar gelangweilten Leser nachkaufen kann. Es lebe die Konformität! Um das ganze aber ein bisschen aufzupeppen und dich als Kosmopolitin zu inszenieren, solltest du gelegentlich ein heißes Teil aus einem US-amerikanischen Onlineshop, den du auf dem Blog deiner Freundin Chiara von nebenan entdeckt hast, einstreuen. Ein Glück hat ja mittlerweile der eigene Bekanntenkreis eine Handvoll aufstrebender Modeblogger zu bieten. Oder du hältst das bei deinem letzten Barcelona-Trip erstandene super süße Armbändchen in die Kamera, um zu zeigen, dass dein Style ausnahmsweise auch mal voll individuell und unnachahmbar sein kann. Tipp: Poste ab und zu eine Collage einzelner Teile mit passend Überschriften wie „5 items I can’t live without…“ Kommt immer gut.

 

Schritt 2: Geile Pics

 

Fotos sind das A und O eines guten Blogs. Sie sollen den Leser ja schön neidisch machen und zeigen, was für ein beneidenswertes Leben du führst. Frei nach dem Motto „A selfie a day keeps the boredom away“ sollte mit Selbstporträts in allen Lebenslagen nicht gegeizt werden. Als Kind der Generation ASOS weißt du natürlich, wie du dich gekonnt mit Turnbeutel, bauchfreien Top und Bomberjacke an deiner Lieblingsstraßenecke in Szene setzen kannst. Am Ende spielst du noch ein bisschen mit Weichzeichnern, Filtern und Schwarzweiß-Effekten auf deinem MacBook rum, et voilà, fertig ist der Look. Die Pros hauen dann auch das ein oder andere YouTube-Video auf ihrem eigenen Kanal raus. Da kannst du dich einfach locker lässig auf dein Bett schmeißen und einen Schwenk aus deinem super coolen Blogger-Leben erzählen. Das erfreut die informationsgeilen Fans ungemein. Tipp: Das ist auch die perfekte Gelegenheit, endlich mal deine strahlend helle und durchgestylte Ikea-Katalog-Wohnung (mit vereinzelt überteuert gekauften Vintageteilen) zur Schau zu stellen.

 

Schritt 3: Zauberwort Lifestyle

 

Wenn du deinen Blog unter den Tarnumhang des Lifestyles stellst, hast du die Möglichkeit, über all die einzigartigen Themen zu schreiben, die durch deinen trendbewussten Kopf schwirren. Bisschen DIY, bisschen Reisetagebuch, dann haust du noch ein paar Gesundheitstipps und Lebensweisheiten raus und fertig ist das Rundum-Sorglos-Lifestyle-Paket. Das macht dich natürlich auch für ein noch breites Spektrum an Unternehmen attraktiv. Was weiter bedeutet: Wenn du erst mal ein paar Monate fleißig gebloggt hast, kommen sicher auch schon die ersten Kooperation mit Mode- und Beautyfirmen in Haus geflattert. Der Deal: Du bekommst kostenlos Produkte, dafür schreibst du darüber auf deinem Blog. Damit verliert der zwar ein bisschen an Authentizität, aber what the hell, oder?! Hauptsache, du kriegst geile Teile nachgeschmissen. Tipp: Zum Lifestyle einer jeden Bloggerin gehört natürlich auch das universell geltende Markenzeichen: der Mittelscheitel. Für den schnellen Erfolg solltest du dir diesen also unbedingt zu legen.

 

Schritt 4: Foodporn

 

Jennifer Lawrence tut es, Angela Merkel tut es, Keira Knightly tut es offensichtlich nicht oft genug – dafür gönnt es sich Alfons Schuhbeck umso häufiger. Die Rede ist vom Essen. Ein Thema, mit dem jeder noch so minderbemittelte Depp etwas anfangen kann. Also perfekt für deinen Blog! Irgendwann muss jeder Mal was Essen und warum zeigst du nicht, wie abgefanced das Dank deines selbstangeeigneten Wissens aus zahllosen Kochsendungen aussehen kann? Zum Schluss legst du noch einen hübschen Instagram-Filter über das Endprodukt auf dem Teller und sie werden staunen und liken. Aber Obacht: billige Spaghetti-Bolo will keiner sehen. Der Blogger von Welt kennt sich natürlich bestens mit den neuesten Food-Trends aus. Dir sollten also Begriffe wie Clean-Eating, Low Carb, Detox und Quinoa keine Fremdwörter sein. Tipp: Was auch immer gut zieht sind proteinreiche Gerichte, damit die kleinen Mädchenmuckies bei all dem Sport auch wirklich aufgebaut werden.

 

Schritt 5: Sporty Spice

 

Damit wären wir auch schon beim letzten Punkt. Keiner will ein überdimensioniertes Hinterteil in hautengen Skinnyjeans sehen, absolutes No-Go. Immer schön die Selbstoptimierung im Auge behalten. Am besten du joggst mit deinen neonfarbenen Sportklamotten (im Idealfall hat dir Nike diese kostenlos zu geschoben) ein bisschen durch die Stadt und knippst ein aussagekräftiges Selfie von dir. Aber das möglichst zu Beginn. Man soll die Anstrengung ja nicht in Form eines feuerroten Kopfes und fettigen Strähnen sehen. Tipp: Die etwas fortgeschritteneren Blogger üben sich auch gerne mal in der Rolle als Amateur-Fitnesscoach. Wie das geht? Ganz einfach: Kram ein paar klassische Kraftübungen aus längst vergessenen Tagen des Schulsports raus, gib ihnen deinen eigenen Dreh und fertig ist dein Selfmade-Fitnessprogramm.

Also, nimm dir die 5 Schritte zur Herzen und los geht’s, denn mehr Modeblogs braucht das Land! Oder auch nicht…

 

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Bildquellen: (1) hedvigs unter CC-BY-SA 2.0