„Pimmelgate“-Ermittlungen eingestellt

Der Prozess um den als „Pimmelgate“ bekannt gewordenen Vorfall ist offiziell beendet worden. Es gäbe kein öffentliches Interesse an der weiteren Strafverfolgung mehr. Vor circa einem Jahr wurde die Wohnung eines Twitter Nutzers durchsucht, da dieser den Hamburger Innsensenator Andy Grote beleidigte.

Im Mai 2021 wurde Grote in einer Reaktion auf einen seiner Tweets als „Pimmel“ bezeichnet. Daraufhin wurde 3 Monate später die Wohnung des Users durchsucht, der den Tweet gepostet hatte. Bereits am frühen Morgen sollen sechs Polizeibeamte in die Privatwohnung des Absenders eingedrungen sein. Die Durchsuchung war wegen des Verdachts auf Hassrede angeordnet worden.

Der Hintergrund ist ein Tweet von Grote, in dem er Menschen, die trotz damals geltender Corona-Verordnungen im Schanzenviertel gefeiert hatten, als dämlich bezeichnete. In dem berüchtigten Reaktions-Tweet wurde er dann damit konfrontiert, dass er selbst Bußgeld zahlen musste, weil er an einer Wiederwahl-Party mit über 30 Personen im Juni 2020 teilnahm. Der User kommentierte seine Beschwerde nonchalant mit „1 Pimmel“. Grote fühlte sich davon beleidigt und wollte dem ganzen etwas entgegensetzen.

Die Hausdurchsuchung, die anschließend stattgefunden hat, wurde im Netz sehr stark kritisiert. Der Hashtag „Pimmelgate“ wurde auf Twitter und in anderen Medien sehr groß. Es gab viele Reaktionen, aber der größte Teil war sich einig, dass die Hausdurchsuchung als Konsequenz auf den Tweet nicht angemessen war. Der Protest breitete sich auch in die reale Welt aus und an der roten Flora auf Sankt Pauli wurde ein großes Plakat mit dem Wortlaut des Tweets angebracht. Die Polizei übermalte dieses Plakat daraufhin, die Aktivisten brachten ihn wieder an und so weiter. Auch diese Aktion wurde auf Twitter fleißig unterstützt und verfolgt. Moderiert vom eigenen Account der Flora. Weiterhin estellte und verteilte eine Gruppe von Aktivist*innen Sticker mit dem Schriftzug, die von der Polizei in den nächsten Tagen immer wieder entfernt wurden. Die Linke hat das Ganze als „peinliches Schauspiel“ bezeichnet, die Polzei hingegen rechtfertigte den anhaltenden Einsatz. Es liege eine Beleidigung vor und da diese verboten sei, müsse die Polizei tätig werden. Offensichtlich besteht jedoch kein wirkliches Interesse an einer Verfolgung und der Konflikt wurde größtenteils ausgetragen da sowohl Urheber des Tweets wie Plakat-Anbringer dem linksautonomen Zentrum in Hamburg zuzuordnen sind und seit Jahren eine Spannung wie zwischen zwei verfeindeten Gruppen herrscht.

Das tatsächlich interessante an diesem Fall ist jedoch, dass er aufzeigt, wie intensiv die Polizei gegen Hassrede im Internet, vorgehen könnte wenn sie wollte. Die Strafverfolgungsbehörden haben massive Probleme mit der Behandlung von Drohungen und ernsthaften Beleidigungen im Internet. Kaum ein Fall endet tatsächlich mit einer Fassung des Täters, geschweige denn einem Prozess. Es scheint, als würde das Verbrechen nicht als solches wahrgenommen werden. Viele Personen, die im Internet Content posten, der eventuell kontrovers ist, haben täglich mit heftigem Hass gegen die eigene Person zu kämpfen. Das kann der Psyche einen enormen Schaden zufügen. Wenn die Toleranz gegenüber solchen Nachrichten aber so hoch ist, fühlen sich Personen, die so etwas schreiben sicher und machen weiter. Es ist wichtig, dass tatsächlich bedrohlicher Hass im Internet besser aufgearbeitet wird. Die Anonymität ist Segen wie Fluch.

Mehr zum Thema:

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Brett Jordan auf Pexels