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Reisen um den Globus für die Liebe – wie uns digitale Beziehungen auf Trab halten

Wo heute Whatsapp immer dabei ist, da sind wir auch immer ansprechbar für Menschen, die eigentlich abwesend sind, vielleicht sogar am anderen Ende der Welt. Es ist uns auf einmal möglich, Bilder, Geräusche, Emotionen und Intimität auszutauschen, ohne dafür auch nur in einer Stadt sein zu müssen. Und dem “digital native” erscheint es nicht mal mehr seltsam, „ich liebe dich“ ins Handymikro zu flüstern. Wenn das Bewusstsein dafür, dass mein Gegenüber gerade eigentlich nur ein kleines elektronisches Gerät in meiner Hand ist, entfällt, dann sind wir wirklich mit unserem digitalen Gegenüber zusammengerückt.

 

Der Umzug ins Ausland ist nicht das Aus, sondern eine Chance für die Beziehung

 

Somit ist es auch ganz normal geworden, wenn jemand die Hälfte seines Freundeskreises in der eigenen Stadt hat, die andere Hälfte über die ganze Welt verteilt – und sich mit beiden Hälften gleichermaßen austauscht und up to date hält. Das macht vieles einfacher: Wenn meine beste Freundin auf einmal fürs Studium in die USA möchte, dann müssen wir nicht darum bangen, dass unsere Freundschaft sich im Sande verlaufen wird. Noch am Tag ihrer Ankunft kann sie mir per Skype ihre Wohnung und ihre neuen Mitbewohner zeigen. Oder wenn mein Partner für ein Jahr beruflich ins Ausland muss, bedeutet das nicht zwangsläufig das Ende. Whatsapp macht’s möglich, dass ich auch dann noch immer weiß, was er gerade tut, denkt, fühlt, isst, anhat. Vielleicht kommunizieren wir dann sogar noch mehr als sonst, denn per Whatsapp und Skype unterhält man sich eben und kann nicht einfach zusammen auf dem Sofa chillen.

 

Reisen als zentraler Bestandteil der Fernbeziehung oder -freundschaft

 

Gleichzeitig bringen diese neuen Formen der Whatsapp-Freundschaft und der Skype-Beziehung eine viel größere Mobilität mit sich. Denn so schön es auch sein mag, sich im Alltag übers Smartphone alles mitteilen zu können – körperliche Nähe und gemeinsame Erlebnisse kann es nicht ersetzen. Und wie dumm wäre ich, wenn ich die Chance, meine Freundin in Venedig oder meinen Partner in London zu besuchen, nicht auch nutzen würde? Reisen ist allgemein einfacher geworden und es gibt immer mehr Möglichkeiten, wie beispielsweise ein viel größeres Angebot an Fernbusreisen. Der Vergleich von Reisekosten und das Buchen von Unterkünften wird durch Plattformen wie GoEuro und Airbnb leichter. Wenn ich jedoch bei meiner Freundin im Wohnheim oder der WG übernachten kann, spare mir nicht nur Hotelkosten, sondern habe gleich einen ganz persönlich Stadtführer, der die besten und authentischsten Ecken der Stadt bereits kennt.

Doch sicherlich hat auch das einen Einfluss darauf, wie wir unsere Freundschaft oder Beziehung wahrnehmen. Nicht nur, dass wir große Mühen für den Anderen in Kauf nehmen, und stundenlang im Fernbus durch Europa oder mit dem Flieger über den Atlantik reisen und das Gefühl entsteht, dass wir einander wirklich viel wert sind. Sondern auch die Tatsache, dass unsere Beziehungen eigentlich im realen Leben nur noch aus tollen Events bestehen – aus Reisen, Städtetrips, Sightseeing, Essen in den tollsten Restaurants und Bars der Stadt. Wo es keinen gemeinsam vor Ort gelebten Alltag mehr gibt, da gibt es auch kaum noch das Gefühl von Normalität in der Beziehung. Wer es also nicht schafft, obwohl er gerade nach Paris gereist ist, den Tag einfach mal im Bett zu verbringen und zu quatschen und lachen, den sucht vielleicht bald die ganz große Ernüchterung heim – spätestens im Bus oder Flieger zurück.

 

Titelbild: Pexels unter cc0 Lizenz