
Schnell entscheiden statt endlos grübeln: Warum dein Bauchgefühl recht hat
Wie uns soziale Erwartungen manipulieren
Hinzu kommt, dass viele Menschen ihre Entscheidungen nicht für sich selbst treffen: Stattdessen orientieren sie sich an ihrem Umfeld. Gigerenzer rät daher dazu, zu hinterfragen, ob man aus eigenem Antrieb handelt oder nur, um akzeptiert zu werden.
Lebe ich mein Leben, um meinen Freunden zu gefallen oder benutze ich mein Gehirn, um mir eine unabhängige Meinung zu bilden?
Gerd Gigerenzer
Wenn der eigene Freundeskreis zum Beispiel gegen Impfungen ist, weil er glaubt, diese würden Autismus verursachen, dann entscheidet man sich als Elternteil auch eher gegen Impfungen. Dabei gebe es laut Gigerenzer keine wissenschaftliche Evidenz, die so einen Vorwurf untermauert. Wer sich nur an anderen orientiert, gibt seine Entscheidungsfreiheit auf und lässt sich manipulieren. In so einer Situation wäre es eher angebracht, sich bessere Freunde zu suchen.
Viel zu viele Optionen und zu wenig Wissen
Moderne Technologien sieht Gigerenzer ebenfalls als Herausforderung für klare Entscheidungen. Dating-Apps wie Tinder können zum Beispiel dazu führen, dass Menschen permanent auf der Suche nach einer besseren Option und nie mit dem zufrieden sind, was sie bereits haben.
Sie wollen den besten Partner finden? Dann viel Glück! Da können Sie bis an ihr Lebensende suchen.
Gerd Gigerenzer
Vielen Menschen fehlt es außerdem an Wissen, um wichtige Entscheidungen zu treffen. In einer Studie befragte Gigerenzer 10.000 Menschen in Europa, was sie tun würden, wenn jemand Schlaganfall-Symptome zeigt. Nur ein Drittel der Befragten in Deutschland antwortete, dass man sofort einen Notarzt rufen sollte. Auch bei Finanzentscheidungen informieren sich die Deutschen oft zu wenig, bevor sie Geld anlegen.
„Nachfragen ist der beste Freundschaftsdienst“
Nicht weniger wichtig ist es laut Gigerenzer, Menschen im eigenen Umfeld zu haben, die ehrliches Feedback geben können. So habe er in seiner Forschungsgruppe gezielt Leute eingestellt, die keine Angst davor haben, seine Ideen zu hinterfragen.
Entscheidungen sind meistens sozial, und die besten Freunde sind jene, die den Mut haben, einem sachlich zu widersprechen, statt immer zuzustimmen. Nachfragen ist der beste Freundschaftsdienst.
Gerd Gigerenzer
Wer seine Entscheidungsfähigkeit stärken will, sollte sich daher fragen: Welche Emotionen beeinflussen mich? Gigerenzer rät dazu, sich bei Entscheidungen nicht von Angst oder Gruppenzwang leiten zu lassen. Bildung und Auslandserfahrungen können helfen, den eigenen Horizont zu erweitern und klügere Entscheidungen zu treffen.
Das Original dieses Artikels „Dating, Karriere, Hauskauf: Ein Psychologe erklärt, warum zögernde Menschen oft das Nachsehen haben“ erschien zuerst bei unserem Partner Smart Up News.
Gleich weiterlesen:
- Junge Erwachsene bewegen sich nach Berufseinstieg mehr, schlafen aber weniger – außer im Homeoffice
- Greenpeace warnt vor giftigem Meeresschaum an deutschen Stränden
- Retromanie: Warum wir glauben, dass früher alles besser war
Folge ZEITjUNG auf Facebook, TikTok und Instagram!
Bild: Pexels, CC0-Lizenz