Retromanie: Warum wir glauben, dass früher alles besser war

Früher war alles besser: die Luft sauberer, die Eiskugeln größer und für einen Zwanziger zu tanken noch vollkommen ausreichend. Dieses Gefühl der Retromanie beim Nachdenken über vergangene Zeiten ist vielen nicht unbekannt. Doch woher kommt dieser Eindruck und was macht das mit unserem Blick auf die Gegenwart?

Retromanie oder auch Nostalgie ist kein neues Phänomen und stellt nicht selten eine Art der Realitätsflucht dar. Denn das Schwelgen in Erinnerungen sowie die Gedanken an frühere Erlebnisse und vertraute Personen beschert uns ein angenehmes Gefühl der Geborgenheit. Und dieses ist besonders in Zeiten, in denen es mal nicht so gut läuft, eine willkommene Abwechslung. Spannend ist allerdings, dass wir von unserem Gedächtnis dabei öfter getäuscht werden, als vielleicht im ersten Moment erwartet.

Die Sache mit dem Erinnern

Erinnerungen, die der Mensch hat, sind nämlich nie in Stein gemeißelt. Bloß weil etwas auf eine bestimmte Art und Weise geschehen ist, bedeutet das noch lange nicht, dass wir uns auch später in dieser Form daran erinnern. Die menschliche Psyche tendiert dazu, Erinnerungen auch im Nachhinein noch einzufärben – das geht sowohl ins Positive als auch ins Negative. Denn das Gedächtnis speichert Erfahrenes immer subjektiv ab. Somit hängt die Erinnerung einer Person sehr stark von ihrer persönlichen Wahrnehmung ab. Es ist also gut möglich, dass zwei Personen an ein und dieselbe Begebenheit völlig unterschiedlich zurückdenken.

Einer Theorie zufolge erstellt das menschliche Gedächtnis eine Art „Skript“ des bisherigen Lebens, in dem Erinnerungen abgespeichert werden. Jedes Mal, wenn ein Mensch sich an etwas Vergangenes erinnert, greift er auf dieses mentale Skript zu und schreibt unbewusst einen kleinen Teil davon um. Je nachdem, in welcher Stimmung man sich befindet, werden die abgelegten Erinnerungen in einem anderen Licht dargestellt und verändert. Bei der Retromanie denken wir meist bejahend, wenn nicht sogar sehnsuchtsvoll an Vergangenes zurück. Das führt dann wiederum dazu, dass uns frühere Zeiten, vor allem im Kontrast zur Gegenwart, noch rosiger erscheinen.