Sprudelwasser: Die erfrischende Liebe zum prickelnden Schmerz
In Deutschland und Österreich erfreut sich Sprudelwasser großer Beliebtheit. Während in vielen anderen Ländern stilles Wasser bevorzugt wird, greifen hierzulande die meisten Menschen zum prickelnden Mineralwasser. Doch was macht dieses Getränk so attraktiv?
Dorota Majchrzak, Ernährungswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Sensorik, erklärt laut dem Standard, dass Sprudelwasser eine interessante Reaktion im Körper auslöst. Das prickelnde Wasser stimuliert den fünften Hirnnerv, der Signale an das Gehirn sendet und dabei ein leichtes Schmerzempfinden hervorruft. Viele Menschen empfinden dieses Gefühl jedoch nicht als unangenehm, sondern als besonders erfrischend. Zusätzlich verstärkt die Kohlensäure im Wasser das Empfinden von Kälte, was den erfrischenden Effekt weiter steigert. Überraschenderweise spielt der durch die Kohlensäure erhöhte Säuregehalt des Wassers kaum eine Rolle.
Geschmackserlebnis und Wahrnehmung
Viele glauben, dass Sprudelwasser die Geschmacksintensität von Speisen erhöht. Majchrzak stellt jedoch klar, dass Studien diesen Effekt nicht belegen. Wegen des leichten Schmerzempfindens entscheiden sich viele Menschen eher für stilles Wasser, um den Mund zu neutralisieren. Die Kohlensäure selbst beeinflusst die Wahrnehmung von Geschmacksrichtungen wie sauer, süß, salzig, bitter und umami nur minimal. Stattdessen bestimmen die enthaltenen Mineralstoffe den Geschmack des Wassers. So schmecken Kalzium- und Magnesiumsalze oft bitter, während Eisen und andere Mineralien dem Wasser manchmal einen metallischen oder säuerlichen Geschmack verleihen.
Die Forschung zeigt, dass die beliebteste Sorte Mineralwasser einen mittleren Gehalt an Mineralstoffen enthält. Diese Variante empfinden viele als geschmacksneutral und zugleich erfrischend.
Vom Heilmittel zum Alltagsgetränk
Sprudelwasser blickt auf eine lange Geschichte zurück, die bis zu 10.000 Jahre in die Vergangenheit reicht. Schon damals genossen Menschen kohlensäurehaltige alkoholische Getränke. In antiken Heilquellen wie dem Preblauer Sauerbrunnen in Österreich entdeckten sie natürlich sprudelndes Mineralwasser und schrieben ihm heilende Kräfte zu.
In der Antike galt kaltes Wasser jedoch oft als gesundheitsschädlich, während heißes Wasser als erfrischend angesehen wurde. Erst im 18. Jahrhundert begann der britische Chemiker Joseph Priestley, Kohlensäure künstlich ins Wasser zu bringen. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten, wie unerwünschten Nebengeschmäckern, schaffte er es, das erste Sodawasser herzustellen.
Sprudelwasser für die Massen
Im 19. Jahrhundert revolutionierte der deutsche Juwelier Jacob Schweppe die Produktion und Verbreitung von Sprudelwasser. Mit der Entwicklung einer speziellen, eiförmigen Flasche verhinderte er das Entweichen des Gases und erleichterte so den Transport und die Lagerung von Sodawasser. Dadurch wurde Sprudelwasser auch für die breite Masse zugänglich, obwohl es lange Zeit als Luxusprodukt in wohlhabenden Haushalten galt.
Heute greifen viele Menschen zu Sprudelwasser, weil sie es als gesündere Alternative zu Softdrinks sehen. Frühere Bedenken, dass die Kohlensäure die Zähne schädigen könnte, haben sich durch neuere Studien als unbegründet erwiesen. Diese zeigen, dass man über 100 Jahre täglich Sprudelwasser trinken müsste, um nennenswerte Zahnschäden zu riskieren. Außerdem kann Kohlensäure das appetitanregende Hormon Ghrelin verstärken, was besonders in der Sommergastronomie von Vorteil ist.
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Bild: Pexels; CC0-Lizenz