Studie zum Grundeinkommen: Revolutionäres Konzept oder wirtschaftliche Sackgasse?
Die Frage nach einem bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigt Politik und Wirtschaft nun schon seit Ewigkeiten, doch abgesehen von einigen Studien und Pilotprojekten wurde weltweit bislang nichts dergleichen umgesetzt: Eine solche Studie wurde vom National Bureau of Economic Research (NBER) in den USA durchgeführt.
An diesem Experiment in den USA nahmen ausgewählte 1.000 Personen mit einem Einkommen unter 30.000 US-Dollar teil. Sie bekamen drei Jahre lang monatlich 1.000 US-Dollar – no strings attached. Eine Kontrollgruppe von 2.000 Personen erhielt monatlich nur 50 US-Dollar.
Das Ergebnis dieses Experiments: Die Arbeitsmarktbeteiligung derer, die monatlich ein Grundeinkommen von 1.000 US-Dollar bekamen, sank laut der Studie um 2,0 Prozentpunkte. Ihre Arbeitsstunden verringerten sich ebenfalls um 1,3 bis 1,4 Stunden pro Woche. Diese Veränderungen traten interessanterweise auch bei den Partner*innen der Teilnehmer*innen ein.
Das zusätzliche Einkommen wurde zudem vor allem für Freizeitaktivitäten genutzt und hatte keine signifikanten Auswirkungen auf die Qualität ihrer Arbeit.
Das Argument gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen?
Bedeutet dies also, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen eine schlechte Idee wäre? Roland Koch, ehemaliger hessischer Ministerpräsident und aktuell Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, ist dieser Ansicht. Er sieht darin eine „Sackgasse“, schreibt er im Cicero. Viele Befürworter betonten die volkswirtschaftlichen Vorteile, die sich laut den Ergebnissen der Studie nicht bewahrheitet haben.
So sagt Koch, dass fast alle Ideen zum Grundeinkommen davon ausgingen, dass ein neues Selbstbewusstsein der von Risiken befreiten Staatsbürger entstehen würde – mit der Folge größerer Eigeninitiative und letztlich gesteigerter volkswirtschaftlicher Produktivität. Dieses Argument sieht er durch die Studie nun entkräftet.
Deutschland stünde laut Koch zudem vor einem ganz spezifisches Hindernis, was die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens anbelangt: Die weit verbreitete Bedeutung der Einzelfallgerechtigkeit. Viele Menschen hierzulande würden sich damit schwertun, zu pauschalisieren – was ein Grundeinkommen zwangsläufig machen muss, wenn es wirklich bedingungslos sein soll.
Deutsche Jugendbehörden dürfen nicht einmal den Zuschuss zu Klassenfahrten pauschalieren!
Roland Koch
Historische Perspektiven und ein deutscher Versuch
Der Gedanke eines Grundeinkommens ist nicht neu. Schon Ende des 18. Jahrhunderts machte Thomas Spence in seinem Essay „Die Rechte der Kinder“ entsprechende Vorschläge. Er verlangte damals ein vierteljährlich auszuzahlendes Grundeinkommen für alle Menschen.
Milton Friedman brachte Anfang der 1960er Jahre die Idee durch eine „negative Einkommenssteuer“ zurück. Einkommensanteile, die über einem festgelegten Steuerfreibetrag liegen, sollten besteuert werden und Einkommen, die wiederum unter diesem Freibetrag lagen, sollten bis zum Erreichen aufgestockt werden.
Im Jahr 2006 stellte der damalige thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus das Modell des „Solidarischen Bürgergelds“ vor. Das Bürgergeld sollte bedingungslos als negative Einkommenssteuer ausgezahlt werden und das soziokulturelle Existenzminimum abdecken. Bisherige Beiträge zur Sozialversicherung würden zudem abgeschafft werden und das Sozialsystem vom Arbeitsmarkt entkoppelt, schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).
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