Urlaub in Schweden entspannt

Lass mal kurz die Welt vergessen: Urlaub in Südschweden

In Schweden ist alles irgendwie langsamer – man hat das Gefühl, besser Luft zu bekommen. Ein Reisebericht.

Ich war 10 Tage mit meiner Familie in Südschweden. Dort leben Verwandte von uns, die wir besucht haben. Varberg hieß die nächste größere Stadt, nicht weit entfernt von Göteborg. Unser Ferienhaus lag in einem Wohngebiet, das auch Bullerbü hätte sein können. Am Wegrand wuchsen wilde Blaubeeren und die Ostsee war nicht weit.

Die Aussicht von unserer Terrasse

Autofahren > Fliegen

In den Urlaub fliegen ist zu so einer Normalität geworden, dass viele schnell vergessen, dass die meisten Orte auch mit dem Auto zu erreichen sind. Wir haben uns für das Auto entschieden, da ein Flug nicht gerade klimafreundlich ist. Aber das ist nicht der einzige Grund: Die Hektik von Flughäfen, der Wunsch schnell von A nach B zu kommen führt oft dazu, dass wir so vieles verpassen. Während einer Autofahrt lernt man die Länder, durch die man fährt, auf eine ganz andere Weise kennen. Sei es die Landschaft, sei es das schwedische Sortiment in den Autobahn-Raststätten oder ein Bewusstsein für die Entfernung zwischen zwei Ländern. So hat man auch viel mehr Zeit, alles zu reflektieren, sich einzustimmen, etwas wirklich zu erleben. Am ersten Tag sind wir von Ingolstadt in Bayern nach Rostock gefahren. Am zweiten mit der Fähre nach Dänemark und von da über die Öresund-Brücke nach Schweden; reine Fahrtzeit etwa 15 Stunden.

Die Aussicht von der Fähre

Die Lebensart hier ist langsamer und trotzdem fortschrittlicher

Den ersten gewaltigen Unterschied merkte ich auf der Autobahn, Tempolimit ist hier 120. Und daran hält man sich auch. Niemand drängelt, niemand hupt, niemand regt sich hinter seinem Autofenster auf. Die Leute sind irgendwie entspannter. Man sagt über die skandinavischen Länder: Arbeiten, um zu leben und nicht leben, um zu arbeiten. Und diese Grundeinstellung macht sich in allen Lebensbereichen bemerkbar: Hektik und Schnelligkeit sind einfach nicht notwendig.

Während eines Spaziergangs, ist mir ein Straßenschild aufgefallen, das einen Fußgängerweg kennzeichnete. Darauf war keine Frau mit einem Kind an der Hand zu sehen: Es war das Piktogramm eines Mannes. Gleichberechtigung spielt in Schweden eine wichtige Rolle, Mann und Frau gehen hier gleichermaßen in Elternzeit, was auch zu einer hohen Erwerbsbeteiligung von Frauen führt. Diese Straßenschilder repräsentieren das, was sich die Menschen in vielen anderen Ländern vielleicht wünschen würden.

Das Fußgängerschild mit männlichem Piktogram

Dass Skandinavien teuer ist, wussten wir. Dass wir das meiste Geld jedoch für das Parken ausgeben werden, hätten wir nicht gedacht. Alles läuft hier über Apps – auch das Parken. Am ersten Tag haben wir das nicht verstanden und standen mehrere Stunden in einem Parkhaus – ohne uns in der App zu registrieren. Auf die Rechnung warten wir noch. Am zweiten Tag haben wir uns in der App registriert, aber haben irgendwas falsch gemacht. 30 Euro Strafzettel. Am dritten Tag haben wir uns in der App registriert, und zwar richtig. Diesmal standen wir aber nicht exakt zwischen zwei weißen Punkten, die kaum sichtbar waren. 50 Euro Strafzettel. Die skandinavische Ordnung kommt vermutlich nicht von irgendwoher.

Die Natur ist wie gemalt

Wo soll ich anfangen? Es ist schwierig, sich da zu entscheiden. Als erstes ist mir jetzt der Geruch eingefallen. Der Geruch nach Ostsee. Es riecht nach Salz und nach Tang und zwar ganz anders, als es das am Mittelmeer tut. Die leichte Brise, die den ganzen Tag geweht hat, hat den Ostsee-Geruch überall hingetragen. Obwohl die Außentemperatur bei nur etwa 25 Grad lag, war das Meer ziemlich warm. Das Wasser war klar und sauber, der Strand sandig und weiß. Umgeben war die Strand-Idylle von Steinen und vielen Felsen, was mein Fantasy-Troll-Herz definitiv hat höher schlagen lassen.

Eines meiner Highlights war aber eine Steinbank mit Blick aufs Meer. Ein bisschen hatte man dort das Gefühl, als ob man die einzige Person auf der ganzen Welt wäre. Und obwohl wir in einem Wohngebiet waren, war die Bank fast immer unbesetzt.

Die Bank schreit fast schon: Hey lass mal kurz die Welt vergessen

Mein zweites Highlight waren die Sonnenuntergänge, die sich jeden Tag unterschieden aber doch alle gleich atemberaubend waren. Ich hatte das Gefühl, dass sie irgendwie länger andauerten und farbenfroher waren. Es war auch länger hell als hier in Deutschland, die Sonne ging gegen 21 Uhr unter. Die Mitternachtssonne gibt es hier also nicht, dafür müsste man noch weiter in den Norden. Denn da geht die Sonne im Sommer gar nicht unter, im Winter dafür nur wenige Stunden auf.

Und was kann man hier so machen?

Wie oben schon beschrieben: Strandtage müssen sein. Ich hatte endlich mal wieder Zeit zu lesen und bin viel spazieren gegangen. Während eines Spaziergangs um einen See haben wir einen Mittsommerbaum gesehen. „Midsommar“ ist in Schweden nach Weihnachten das größte Fest des Jahres. Die Schwed*innen stellen am Mittsommerabend einen mit Blättern und Blumen geschmückten Baumstamm auf, um den sie im Kreis herumtanzen. Mädchen und Frauen tragen oft weiße Kleider und tragen auffällige Blumenkränze. Früher glaubte man, die Natur sei in der Mittsommernacht magisch: Elfen würden tanzen und Trolle seinen unterwegs (*mein Fantasy-Herz rast*).

Ansonsten waren wir in Varberg. Da gibt es eine kleine Fußgängerzone und eine beeindruckende Festung. Lange Zeit waren das Gebiet und die Festung dänisch, haben wir erfahren. Ein Stück Geschichte erlebten wir auch im Schloss Tjolöholm in Kungsbacka. Die riesige Schloss-Anlage reicht bis in den Kungsbackafjord und erzählt die Geschichte von Stallmeister Dickson und seiner Familie, die im 19. Jahrhundert hier lebten.

Eine große Empfehlung ist auch Göteborg, die zweitgrößte Stadt Schwedens. Vor allem für alle Kaffeeliebhaber*innen ist hier viel geboten. Pflichtprogramm hier: Kanelbullen essen, bis man platzt. Am besten ist man in Göteborg zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. Besonders gefallen hat mir eine alte Straße, die noch aus der Zeit der Industrialisierung stammt. Göteborg vereint Tradition, Moderne und Natur.

Denn die Stadt ist außerdem von den Schärengärten umgeben, die zu den schönsten Naturgebieten der Welt zählen. Es gibt dort noch so viel mehr zu entdecken, wofür wir leider keine Zeit mehr hatten. Aber allein eine Google-Suche zeigt: wir haben nur einen Bruchteil gesehen. Der Paddel-Sport ist hier wohl zum Beispiel weit verbreitet.

Die weite Ostsee

Die Ostsee ist ein kleines Meer, das weiter aber nicht sein könnte. Die Menschen sind offen und freundlich. Nicht selten kommt es vor, dass ein Auto auf der Straße hält, das Fenster runterkurbelt, „Hej“ ruft und weiterfährt. Davon könnten wir uns hier wohl eine Scheibe abschneiden.

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Bildquelle: David Taljat von Pexels; CC0-Lizenz