Pauschalurlaub

Über Fake-Städte, all-inclusive-Hotels und fancy Pauschaltouristen

Viele Menschen stehen aus unerfindlichen Gründen darauf, an Orte zu verreisen, an denen man rein gar nichts von der Kultur des jeweiligen Landes kennenlernt, sondern sich eine Woche lang auf einer Sonnenliege in einem Schicki-Micki-Hotel aufhält. Was hat es mit dieser sonderbaren Spezies auf sich?

Für jeden, der als Teenager (oder selbstverständlich auch später) das Buch „Margos Spuren“ gelesen hat, ist der Begriff „Plastikstadt“ kein Fremdwort. In der englischen Originalversion wurden besagte Plastikstädte als „paper towns“ bezeichnet. Aber in diesem Fall mag ich die deutsche Übersetzung tatsächlich lieber – weil Plastik deutlich hässlicher ist als Papier und das, was gemeint ist, einfach viel besser beschreibt.

Gemeint sind Fake-Städte mit Fake-Gebäuden und Fake-Menschen. Und solche Orte gibt es haufenweise, ganz egal wo: Lloret de Mar, Cancún, Dubai. Egal, ob in Südeuropa, Mittelamerika oder im Nahen Osten.

Die Art von Orten, die ich meine, existiert meist in dieser Form meist aus einem einzigen Grund: Tourismus. Und zwar Tourismus in seiner schlechtesten Form.

Ich will niemandem vorschreiben, was er oder sie zu tun oder zu lassen hat. Und ja: Ich kann mich nicht in jemanden hineinversetzen, der einen Vollzeitjob und drei Kinder hat und in seinem Urlaub vielleicht einfach nur noch ausspannen will. Das ist sicher völlig legitim. Vielleicht geht es mir irgendwann einmal genauso, falls ich jemals einen Vollzeitjob und drei Kinder haben sollte. Das ändert aber nichts an meiner jetzigen Abneigung gegen diese Art Ort und gegen diese Art Tourismus.

Was bedeuted Reisen?

Denn im Prinzip macht man dort das Gegenteil von dem, wofür Reisen eigentlich steht – und das obwohl man behauptet, man würde verreisen. Aber bedeutet Reisen nicht eigentlich, einen Ort kennenzulernen, der authentisch ist und der einen Teil der Kultur oder Natur des Landes oder Staates, in dem man sich aufhält, widerspiegelt? Und ist das Wichtigste überhaupt beim Reisen nicht eigentlich, auch die Menschen, die in diesem Ort leben, ein bisschen näher kennenzulernen?

Wenn man keines von beidem tut, wie kann man dann nachher behaupten, Land X kennengelernt zu haben? Ich meine, klar – man ist zwar dort gewesen, aber von „Kennenlernen“ doch wohl ehrlicherweise weit entfernt.

Lloret de Mar ist nicht Spanien, Cancún ist nicht Mexiko. Das Einzige, was diese Orte sind, ist eine Aneinanderreihung von Hotels an der Strandpromenade. Dazu gesellen sich Unmengen an Bars und Clubs mit Leuchtschriftzügen in Neonfarben, die dir sinngemäß die krasseste Nacht deines Lebens versprechen. Und natürlich der Strand, der in „Abschnitte“ unterteilt ist, von denen jeder einzelne vollgestellt mit Liegestühlen ist, für die man unverhältnismäßig viel Geld bezahlen muss, um gnädigerweise ein schattiges Plätzchen abzubekommen. Diese Orte sind für Tourist*innen hergerichtet um haben rein gar nichts mit der Kultur des Landes zu tun. Plastikstädte eben.

Menschen, die die ohnehin geringe Zeit, die ihnen zum Reisen zur Verfügung steht, in einer solchen Plastikstadt verbringen, tun nichts anderes als zwei Wochen lang mit anderen Tourist*innen am Strand zu liegen, oder – wenn sie jung sind – zwei Wochen lang mit anderen Tourist*innen feiern zu gehen.

Aber ja, sicher, du warst in Mexiko. Herzlichen Glückwunsch.

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Bildquelle: Pixabay via Pexels, CC0-Lizenz