Voluntourismus: Wie dein Helfersyndrom dem Globalen Süden schadet

Voluntourismus liegt vor allem bei jungen Menschen voll im Trend. Die Freiwilligenarbeit in fernen Ländern ist gut gemeint, doch oft schadet sie mehr als dass sie nützt.

Hauptsache nach Afrika: Das denkt sich Anja, heute 22 Jahre alt, nach ihrem Abitur. Warum, weiß sie nicht genau. Doch irgendwie erscheint es ihr sinnvoll, Menschen zu helfen. Deswegen bewirbt sie sich im Jahr 2018 bei „Co-Workers International“ für einen Freiwilligendienst. Co-Workers International ist eine christliche Organisation, die junge Menschen an Hilfsprojekte in der ganzen Welt vermittelt. Anja landet in Malambo, Tansania. Insgesamt ist sie elf Monate dort.

Sie hatte keine genauen Vorstellungen, was sie auf dem Kontinent erwarten würde. Nur ein paar Assoziationen, die ihr Bauchschmerzen bereiteten: „Ich habe Afrika und den Ort gegoogelt. Da kamen dann eben so richtig maskierte Menschen…“ Vor Ort merkt sie jedoch schnell: Die Realität sieht anders aus. Anstelle von primitiven Krieger*innen trifft sie offene, herzliche Menschen.

Jeder kennt seine Nachbar*innen. Sonntags putzen sich die Menschen für den Gottesdienst heraus, die Frauen stöckeln auf hohen Schuhen durch den Sand. Anja stellt schnell fest, dass der christliche Glaube einen wesentlichen Bestandteil des alltäglichen Lebens in Malambo ausmacht.

Vor allem auf das Rollenverständnis hat er einen großen Einfluss: „Männer schlagen ihre Frauen nicht mehr, weil sie erkennen, dass auch sie wertvoll sind.” Da das Christentum nicht nur ihr, sondern auch den Menschen in Malambo Halt gibt, hat sich Anja bewusst für einen christlichen Freiwilligendienst entschieden.

Sie hinterfragt nie, ob die Organisation das Richtige tut. Schließlich werden mit ihrer Hilfe nicht nur Kinder geimpft und Brunnen gebaut. Die Volontär*innen fahren sogar mit Pfarrern in nahegelegene Dörfer, um die Menschen über den christlichen Glauben aufzuklären.

Voluntourismus gefährdet den lokalen Arbeitsmarkt

Anja entschied sich für ein deutsches Entwicklungs- und Bildungsprojekt in Tansania, das sich aus ehrenamtlichen Mitgliedern zusammensetzt. Im Werbefilm der Organisation wird der Eindruck vermittelt, dass Afrikaner*innen ihre Probleme nicht selbst lösen können. Sie werden als Hilfsbedürftige dargestellt, die darauf warten, dass weiße Menschen sie retten und ihre Lage verbessern: ein Phänomen, das auch unter dem Begriff White Saviorism bekannt ist.

Das unter weißen und privilegierten Menschen verbreitete Bedürfnis, im fernen Afrika „etwas zu verändern“ ist das, was viele deutsche Hilfsorganisationen in Afrika antreibt. Doch die gut gemeinte Solidarität ist nicht immer nur positiv. „Viele Hilfsorganisationen schaden mehr als dass sie nutzen”, sagt der Entwicklungsökonom Axel Dreher.