Wachsende Ängste und Einsamkeit: Wie Kriege und Klimawandel Kinder belasten
Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bleibt alarmierend. Ergebnisse der COPSY-Studie (COrona und PSYche) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zeigen, dass junge Menschen auch Jahre nach der Corona-Pandemie stark belastet sind. 21 Prozent der Befragten berichten von einer eingeschränkten Lebensqualität, und 22 Prozent kämpfen mit psychischen Auffälligkeiten. Im Vergleich zu vorpandemischen Zeiten ist das ein Anstieg um etwa fünf Prozent.
Nach einer anfänglichen Verbesserung im Jahr 2023 stagniert die Situation nun. Statt der Pandemie rücken globale Themen wie Kriege, wirtschaftliche Unsicherheiten und die Klimakrise in den Fokus der Sorgen – und hinterlassen Spuren auf der seelischen Gesundheit der Jugend.
Die Sorgen wachsen
Die Ergebnisse der aktuellen Befragungsrunde sind eindeutig: 72 Prozent der Jugendlichen fühlen sich durch Kriege und Terrorismus belastet, 62 Prozent durch wirtschaftliche Unsicherheiten und 57 Prozent durch den Klimawandel. Diese Zahlen zeigen, dass die Ängste vor globalen Krisen in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen haben. Die Sorgen um COVID-19 hingegen sind fast verschwunden – nur 15 Prozent nennen die Pandemie noch als Belastungsfaktor.
„Besonders beunruhigend ist, dass Einsamkeit ebenfalls zunimmt. Vor der Pandemie fühlten sich 14 Prozent der Kinder und Jugendlichen einsam, heute sind es bereits 21 Prozent“, erklärt Dr. Anne Kaman, stellvertretende Leiterin der Forschungssektion Child Public Health des UKE.
Der Schutz eines stabilen Umfelds
Die Studie betont, wie wichtig ein starkes soziales Umfeld ist. Kinder mit einem stabilen familiären Rückhalt und einem unterstützenden Freundeskreis zeigen weniger psychische Auffälligkeiten. Doch nicht alle haben diese Sicherheit: Wer in beengten Wohnverhältnissen lebt, aus sozioökonomisch schwachen Familien kommt oder Eltern mit psychischen Problemen hat, ist besonders gefährdet.
„Optimismus und soziale Unterstützung sind entscheidend, um Kinder und Jugendliche vor Belastungen zu schützen“, fasst die Leiterin der Studie, Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, zusammen.
Lebensqualität weiter unter Druck
Die Lebensqualität vieler Kinder und Jugendlichen hat sich nach dem drastischen Einbruch zu Beginn der Pandemie zwar erholt, doch die Werte bleiben besorgniserregend. Während des Lockdowns im Winter 2020/21 berichteten 48 Prozent über eine geminderte Lebensqualität. 2023 verbesserte sich die Lage, doch bis Herbst 2024 stagniert der Trend: 21 Prozent der jungen Menschen fühlen sich weiterhin stark eingeschränkt. Damit liegen die Werte immer noch deutlich über dem Niveau vor der Pandemie.
Psychische Auffälligkeiten wie depressive und Angstsymptome zeigen einen ähnlichen Verlauf. Obwohl sie nach dem Höhepunkt der Pandemie zurückgegangen sind, leiden immer noch 22 Prozent der Kinder und Jugendlichen darunter – ein Anstieg, der sich vor allem durch die aktuellen globalen Krisen erklären lässt.
Soziale Medien verstärken den Druck
Ein Drittel der Jugendlichen wird regelmäßig über soziale Medien mit ungefilterten und belastenden Nachrichten konfrontiert. Zusätzlich fühlen sich 20 Prozent durch Ausgrenzung und Abwertung auf den Plattformen belastet. Die Studie macht deutlich, dass der ständige digitale Kontakt mit Krisenthemen und negativen Erfahrungen in sozialen Netzwerken die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigen kann.
Große Studie, alarmierende Erkenntnisse
Die COPSY-Studie, die seit 2020 mehr als 2.800 Familien befragt hat, liefert einen umfassenden Blick auf die Belastungen der jungen Generation. Kinder und Jugendliche zwischen sieben und 22 Jahren nahmen an den Befragungsrunden teil. Während die Jüngeren durch ihre Eltern vertreten wurden, gaben die Älteren ihre Antworten selbst.
Die Mehrheit der Familien hat einen mittleren Bildungsabschluss. Ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen hat einen Migrationshintergrund, ebenso viele leben bei alleinerziehenden Eltern. Die Studie zeigt klar: Die psychische Belastung ist vielschichtig, aber lösbar – durch Unterstützung, Verständnis und einen klaren Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart.
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Bild: Vecteezy; CC0-Lizenz