Eine Gruppe Walrosse liegt auf einer Sandbank

Hunderte Walrosse stürzen sich in den Tod

Aus diesem Grund fassen einige Walrosse einen folgenschweren Entschluss im Kampf um Sonne und Ruhe. Mit größter Mühe hiefen sie ihre Körper eine achtzig Meter hohe Klippe hinauf, wo sie den langersehnten Platz finden. Doch der Hunger kommt früher oder später und die Tiere müssen zurück in das Meer. Mit Flossen, die eigentlich für das Leben im Wasser und auf dem Eis geschaffen wurden, bewegen sie sich über steil abfallendes Geröll – und stürzen in die Tiefe. Ein Walross kommt mit dem Kopf am Boden auf und ist sofort tot, andere seiner Artgenossen liegen stundenlag, unfähig sich zu bewegen, am Strand. Am Ende sind es so viele, dass sich die Körper an manchen Stellen übereinander stapeln. „In ihrer Verzweiflung fallen hunderte von ihnen aus einer Höhe, die sie nie hätten erklimmen dürfen“, fasst Attenborough die dramatischen Szenen zusammen. Und eines ist gewiss: Es wird auch in den nächsten Jahren wieder passieren, fast jeden Sommer, wenn das Eis der Arktis schwindet. 

„Unser Planet“ kann aber auch anders: Ein Bild für alle, die an dieser Stelle einmal durchschnaufen müssen.

Kritik an den Szenen

In Folge der Ausstrahlung musste sich das Team der Miniserie einige Kritik gefallen lassen, unter anderem von der Biologin Dr. Susan Crockford, die schwere Vorwürfe erhob. Sie behauptete gegenüber „The Telegraph“, dass nicht die klimabedingte Eingrenzung ihres Lebensraumes, sondern Eisbären die Walrosse die Klippe hinunter gedrängt hätten. Und in der Tat ist sogar eines der Raubtiere in den Aufnahmen zu sehen.

Der Streamingdienst Netflix wies diese Vorwürfe zurück und berief sich darauf, mit russischen Biologen zusammengearbeitet zu haben, die bereits seit 35 Jahren an diesem Küstenabschnitt tätig sind. Um die Thesen zu untermauern, wurde zudem „Behind the Scenes“-Material veröffentlicht, welches im Anschluss an diesen Artikel angehängt ist.

Der WWF (World Wide Fund For Nature) veröffentlichte im April 2019 einen kurzen Bericht mit Anatoli Knochnew, der mit dem „Unser Planet“-Team bei den traumatisierenden Szenen vor Ort war. „Viele Klimaexperten geben der Erderwärmung der Schuld. Ich bin kein Klimaexperte, aber die Tatsache, dass in den letzten 34 Jahren das Eis einfach vor meinen Augen verschwunden ist und es den natürlichen Lebensraum der Tiere verändert hat, ist unbestreitbar.“ Er geht davon aus, dass sich das Trauerspiel auch in den nächsten Jahren fortsetzen wird. „Jedes Mal, wenn ich mich umsehe, wenn die Walrosse fortgehen und so viele tot zurückgelassen werden, bin ich eher pessimistisch gestimmt.“ 

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Jay Ruzesky auf Unsplash; CC0-Lizenz