Wanderlust: Liegt uns Fernweh in den Genen?
Manchmal verspüren Menschen eine unbändige Lust, ihre gewohnte Umgebung zu verlassen und Neues zu entdecken. Hinter diesem Fernweh könnte laut einigen Wissenschaftlern die Genvariante DRD4-7R stecken. Diese Variante des Dopamin-Rezeptors, auch als „Wanderlust-Gen“ bekannt, beeinflusst laut mdr möglicherweise das Bedürfnis nach Abwechslung und Abenteuer. Studien, die seit den 1990er-Jahren durchgeführt wurden, vermuten, dass rund 20 Prozent der Weltbevölkerung diese Variante in sich tragen könnten.
Das Gen wirkt dabei auf die Regulierung von Dopamin, einem Neurotransmitter, der unter anderem für Motivation und Belohnungsempfinden verantwortlich ist. Menschen mit DRD4-7R sind möglicherweise geistig reger und körperlich aktiver, wie Robert Moyzis und sein Team von der Universität von Kalifornien in frühen Studien festgestellt haben.
Kein wissenschaftlicher Beweis für das „Reise-Gen“
Das Konzept des „Wanderlust-Gens“ beruht jedoch nicht auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es handelt sich vielmehr um eine populäre Theorie, die unter anderem vom Journalisten David Dobbs in einem Artikel für das Magazin „National Geographic“ verbreitet wurde. Dobbs zog in seinem Beitrag Verbindungen zwischen der Genvariante und einer erhöhten Neigung zu Abenteuerlust und Rastlosigkeit. Laut dem mdr sind diese Überlegungen zwar spannend, aber wissenschaftlich nicht bewiesen.
Andere Studien hätten zudem mögliche Schattenseiten der Genvariante beleuchtet. So wird DRD4-7R auch mit einem höheren Risiko für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sowie einer erhöhten Anfälligkeit für Suchterkrankungen und riskantes Verhalten in Verbindung gebracht.
Ein langes Leben trotz Risiken?
Interessanterweise könnte die Genvariante DRD4-7R trotz ihrer negativen Assoziationen auch positive Auswirkungen haben. Eine 2013 im „Journal of Neuroscience“ veröffentlichte Studie stellte fest, dass Menschen mit dieser Genvariante eine höhere Wahrscheinlichkeit hätten, das 90. Lebensjahr zu erreichen. Offenbar können die gesteigerte Aktivität und der Drang, sich am sozialen Leben zu beteiligen, zur Langlebigkeit beitragen. Dabei ist dieser Effekt sogar bei Mäusen nachweisbar gewesen.
Die Forschung rund um die Genvariante ist auch nach Jahrzehnten nicht abgeschlossen. Die möglichen Zusammenhänge zwischen DRD4-7R und menschlichem Verhalten bleiben ein spannendes Feld, das weiterhin viele Fragen offenlässt. Bis diese beantwortet sind, planen wir derweil den nächsten Urlaub.
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Bild: Vecteezy; CC0-Lizenz