Warum lebt ihr für die Fernreise?
„Ich muss hier weg, ich kann nicht mehr.“
Ein Satz, der zu vielen verschiedenen Situationen passt. Zum Beispiel bei einem endlos langen Family-Dinner. Oder bei einer Party, wo der Alkohol in Strömen fließt und man selbst nicht mehr klarkommt. Doch vor allem kommt dieser Satz aus dem Mund junger Menschen, die mal wieder 3 Wochen Urlaub auf der anderen Seite der Welt brauchen.
„Ich muss hier weg, ich kann nicht mehr“ bezieht sich dann auf viel mehr als nur das Verlassen eines Gebäudes oder einer Situation. Es ist der klagende Wunsch nach einer Fernreise in unbekannte Länder, an einsamen Stränden, in billigen Ho(s)tels.
Die Tourismus-Branche und Soziale Medien fördern den „Wander-Neid“
Mit dem Flugzeug die weite Welt erkunden, weil wir das doch alle „brauchen“. Die Tourismus-Branche gibt uns seit Jahrzehnten das Gefühl, dass wir unser Leben nicht wirklich leben, wenn wir nicht einmal im Jahr irgendwo hinfliegen. Bei manchen sind es sogar zwei Fernreisen pro Jahr.
Soziale Medien haben diesen trügerischen Gedanken verstärkt. Menschen zeigen sich in allen Jahreszeiten auf wunderschönen Stränden und erwecken „Wander-Neid“ in uns. Doch entspannen tun wir nicht wirklich, denn eigentlich sind wir dann auf der Flucht: Vor uns selbst? Vor unseren Entscheidungen? Vor anderen Menschen? Wanderlustige reisen quasi in eine parallele Welt, die aus schönen Panoramen und anderen Kulturen besteht. Niemand kennt dich, niemand will was von dir. Du hast keine Verantwortungen. „Ich muss hier weg, ich kann nicht mehr“ – wir sprechen es wie eine Litanei. In der Bibliothek, im Büro, in der Kneipe mit Freund*innen.