Warum wir unter Druck oft versagen

Die Wissenschaft hat neue Erkenntnisse darüber gewonnen, warum Menschen unter Druck oft schlechtere Leistungen erbringen oder gar versagen. Forscher der Carnegie Mellon University in Pittsburgh entdeckten, dass neuronale Prozesse im Gehirn eine entscheidende Rolle dabei spielen könnten. Die Neuronen, die für die Vorbereitung von Bewegungen verantwortlich sind, geraten nämlich unter großem Druck aus dem Gleichgewicht.

Steven Chase und sein Team führten ihre Untersuchungen an Rhesusaffen durch. Sie ließen die Affen eine motorische Aufgabe bewältigen, bei der sie einen Cursor über ein Ziel bewegen mussten. Die Forscher beobachteten, dass die Affen besonders dann schlechter abschnitten, wenn große Belohnungen – sogenannte „Jackpots“ – auf dem Spiel standen.

Wenn hohe Belohnungen zu schlechten Ergebnissen führen

Um zu verstehen, warum die Leistung unter Druck abnahm, implantierten die Forscher den Affen Elektroden, die die Aktivität im motorischen Kortex aufzeichneten. Dieser Teil des Gehirns steuert die Vorbereitung auf Bewegungen. Überraschenderweise stellten sie fest, dass die neuronale Aktivität bei Aussicht auf besonders hohe Belohnungen sank. In der Folge war die Bewegungsvorbereitung beeinträchtigt, und die Affen erbrachten schlechtere Leistungen.

Die Ergebnisse der Studie, die im Fachjournal Neuron veröffentlicht wurden, zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Größe der Belohnung und der neuronalen Aktivität gibt. Bis zu einem bestimmten Punkt steigert eine größere Belohnung die neuronale Vorbereitung. Doch wird die Belohnung zu groß, sinkt diese Aktivität wieder, und die Leistung verschlechtert sich. Dieses Phänomen bezeichnen die Forscher als „neuronale Vorbereitungs-Hypothese“.

Der „sweet spot“ der Leistung

Die Wissenschaftler identifizierten laut Nature einen Bereich, in dem das Gehirn am besten auf bevorstehende Bewegungen vorbereitet ist – sie nennen diesen den „sweet spot“. Überschreitet die Belohnung jedoch eine bestimmte Schwelle, fällt die Leistung rapide ab, da das Gehirn aus seiner optimalen Balance gerät. Steven Chase erklärte, dass dieses Phänomen nicht nur bei Tieren, sondern auch bei Menschen auftritt. Situationen, in denen Menschen unter großem Druck versagen, sind nicht selten – sei es bei einem entscheidenden Schuss im Sport oder in anderen hoch stressigen Momenten.

Das Team sieht auch Potenzial für weitere Untersuchungen, die zeigen könnten, ob andere Bereiche des Gehirns in ähnlicher Weise reagieren. Ein besseres Verständnis darüber, wie unser Gehirn auf Druck und Belohnungen reagiert, könnte neue Ansätze bieten, um das Versagen unter Druck zu verhindern.

Wege, um Druck besser zu bewältigen

Ein möglicher Ansatz zur Vermeidung des Versagens unter Druck könnte darin bestehen, Menschen zu lehren, ihre Gehirnaktivität gezielt zu steuern. Steven Chase und sein Team spekulieren, dass Feedback-Mechanismen dabei helfen könnten, die neuronale Balance zu halten und so die Leistung in stressigen Situationen zu verbessern. Doch bevor diese Ideen weiterverfolgt werden können, sind zusätzliche Studien nötig, um das Phänomen vollständig zu verstehen und praktische Lösungen zu entwickeln.

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Bild: © Unsplash; CC0-Lizenz