
Was die Hüfte mit deinen Emotionen zu tun hat
Vielleicht hast du schon mal gehört, dass sich unsere Emotionen in der Hüfte befinden sollen. Diese Idee klingt zunächst ein wenig ungewöhnlich, oder? Doch besonders im Yoga gibt es diese Annahme, dass hüftöffnende Übungen emotionale Blockaden lösen können. Dabei geht es nicht nur um körperliche Flexibilität, sondern auch um emotionale Befreiung.
Autorin und Yogalehrerin Julia Wadhawan schreibt in ihrer Kolumne im SPIEGEL über dieses Thema. Sie ist überzeugt, dass Yoga nicht nur den Körper, sondern auch die Seele positiv beeinflussen kann. Doch was genau hat die Hüfte mit Emotionen zu tun?
Ein persönliches Erlebnis
Ein Beispiel aus der Praxis veranschaulicht die Idee: Eine Freundin von Wadhawan berichtete von einer intensiven Yoga-Erfahrung. Bei einem Yoga-Urlaub am Meer wollte sie sich einfach nur entspannen, ein bisschen Muskeln dehnen und gesund essen. Doch während einer Übung, die die Hüften öffnet, spürte sie plötzlich einen intensiven Schmerz, der dann in eine große Erleichterung überging. Sie fing sogar an zu weinen, obwohl sie das nie erwartet hätte. Nach der Stunde fühlte sie sich gelöst und irgendwie befreit.
Dieses Phänomen ist nicht selten im Yoga. Viele Menschen berichten von emotionalen Ausbrüchen während oder nach hüftöffnenden Asanas (Yoga-Positionen). Aber warum gerade die Hüfte?
Die Hüfte: Zentrum der Beweglichkeit
Günter Niessen, ein Orthopäde und Yogalehrer, erklärt, dass die Hüfte eine Schlüsselrolle in unserem Körper spielt. „Die Hüfte ist der wesentliche Teil unserer menschlichen Aufrichtung“, sagt er. Dieses Kugelgelenk verbindet das Becken mit den Oberschenkeln und ermöglicht Bewegungen in viele Richtungen – nach innen, außen, vorn und hinten. Dank der Hüfte können wir laufen, sitzen und uns bücken. Eine bewegliche Hüfte ist also entscheidend für unsere Mobilität.
Was viele jedoch nicht wissen: Die Hüfte ist auch eng mit unserer emotionalen Welt verknüpft. Unsere Muskeln speichern Emotionen, besonders in Bereichen wie den Hüften. Wenn wir viel sitzen oder uns wenig bewegen, können sich dort Spannungen aufbauen. Niessen erklärt: „Emotionen setzen uns in Bewegung. Das E steht für Energie, Motion ist Bewegung. Wenn wir sie nicht verarbeiten, stauen sie sich an.“
Hüftöffnende Asanas und ihre Wirkung
Viele typische Yogahaltungen zielen darauf ab, die Hüfte zu öffnen. Der Lotussitz, die tiefe Yoga-Hocke oder die Taube sind einige Beispiele. In diesen Positionen rotieren die Beine nach außen, wodurch sich die Hüften dehnen. Dabei werden Muskeln im Gesäß, in den Oberschenkeln und in den Beinrückseiten gedehnt und gestärkt. Diese Bewegungen kommen im Alltag der meisten Menschen kaum vor, weshalb sie oft anfangs ungewohnt und herausfordernd sind.
Besonders spannend wird es, wenn Emotionen ins Spiel kommen. Laut Niessen reagiert unsere Muskulatur auf emotionale Zustände. Er erklärt, dass Emotionen neurologisch im limbischen System verarbeitet werden, einem Teil unseres Gehirns, das das autonome Nervensystem aktiviert. Das Nervensystem steuert unsere Muskeln und versetzt uns in die Lage, auf Gefahren zu reagieren oder auf emotionale Reize zu reagieren – wie zum Beispiel das Gefühl, weglaufen zu müssen oder auf jemanden zuzugehen.
Wenn unsere Hüfte durch den Bewegungsmangel oder Stress blockiert ist, fühlen wir uns oft „festgefahren“. Niessen betont: „Unsere Muskeln speichern Spannungen und Emotionen, und wenn wir sie nicht bewegen, kann das zu einer dauerhaften Anspannung führen.“
Hüfte und Emotionen: Eine besondere Verbindung
Die Verbindung zwischen Hüfte und Emotionen ist im Yoga tief verwurzelt. Laut dem yogischen Verständnis befinden sich im Bereich der Hüfte zwei wichtige Energiezentren: das Wurzelchakra und das Sakralchakra. Das Wurzelchakra steht für Stabilität und Sicherheit, während das Sakralchakra sexuelle und kreative Energie repräsentiert. Wenn diese Chakren blockiert sind, können wir uns emotional und körperlich eingeschränkt fühlen.
Durch hüftöffnende Übungen wird nicht nur der Körper gedehnt, sondern auch diese Energiezentren aktiviert. Viele Menschen erleben dadurch eine emotionale Befreiung. Es ist daher kein Zufall, dass während oder nach solchen Yoga-Übungen Tränen fließen können. Niessen beschreibt diesen Prozess als ein Loslassen von Spannungen: „Was zählt ist, dass du dich geöffnet hast, um loszulassen.“
Emotionale Blockaden lösen
Die Idee, dass Emotionen in der Hüfte sitzen, hat also sowohl eine körperliche als auch eine energetische Komponente. „Die Hüfte ist ein Ort, an dem wir viele unserer unverarbeiteten Emotionen speichern“, erklärt Niessen. Und wenn wir uns durch hüftöffnende Asanas bewegen, geben wir dem Körper die Möglichkeit, diese alten Spannungen loszulassen.
Das erklärt auch, warum sich manche Menschen nach diesen Übungen emotional aufgewühlt fühlen. Besonders bei Menschen, die in diesem Bereich des Körpers traumatische Erfahrungen gemacht haben, können hüftöffnende Yoga-Übungen starke emotionale Reaktionen hervorrufen. Deswegen ist es wichtig, in solchen Fällen vorsichtig und bewusst zu praktizieren – am besten mit einem traumasensiblen Yogalehrer.
Bewegung als Schlüssel zur Emotion
Wenn du also das nächste Mal auf der Yogamatte eine intensive Übung machst und plötzlich Tränen fließen, sei nicht überrascht. Die Hüfte ist mehr als nur ein Gelenk, das uns Beweglichkeit verleiht. Sie ist auch ein Speicherort für Emotionen, die durch Bewegung freigesetzt werden können. Yoga bietet dir die Möglichkeit, nicht nur deinen Körper zu dehnen und zu stärken, sondern auch deine emotionale Gesundheit zu fördern.
Die Verbindung zwischen Hüfte und Emotionen ist tief – und manchmal zeigt sie sich auf überraschende Weise. Wie Niessen sagt: „Emotionen setzen uns in Bewegung, und wenn wir diese Bewegung zulassen, können wir vieles loslassen.“
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