White Lies Interview

White Lies: „Wir dachten, wir sind die schlechteste Band der Welt!“

Von Delia Friess

Die britische Band White Lies stürmte bereits 2009 mit ihrem ersten Album To Lose My Life Platz 1 der UK-Charts. Ihr drittes Album Big TV wurde von Spike Stent gemischt, der auch für Björk, Madonna, Oasis, Keane und Coldplay arbeitet. Die Bandmitglieder Charles Cave und Jack Lawrence-Brown kennen sich noch aus Schulzeiten, später stieß der Sänger und Bassist Harry McVeigh dazu. Ihr neues Album Friends haben sie im Privat-Studio von Bryan Ferry aufgenommen, in dem vor ihnen nur Prince aufgenommen hat – keine schlechte Gesellschaft also. Wir trafen die White Lies zur Vorstellung von Friends in Berlin und sprachen mit dem Frontmann Harry über das Album und die Tour, das Erwachsenwerden und den Brexit.

 

ZEITjUNG: Wie gefällt dir Berlin?

Harry: Ich liebe Berlin. Charles und ich haben schon einen Spaziergang gemacht. Wir haben auch einige Stunden für uns und können die Stadt entdecken. Berlin ist eine der europäischen Städte, in der ich mir sehr gut vorstellen kann, zu leben.

Vor allem jetzt, nach dem Brexit? Was denkst du über diese Entscheidung?

Oh. Es ist natürlich hart. Eine schlechte Entscheidung, finde ich. Für mich persönlich hat sich noch nichts geändert. Ich lebe nicht mehr in UK, ich lebe in Kalifornien. Wir werden sehen, was passieren wird.

Beschreibst du Kalifornien in „Morning in L.A.“, einem Song auf dem neuen Album?

Also eigentlich bin ich dorthin gezogen, nachdem das Album fertig war. Etwa vier oder fünf Monate später war das.

Eure Tour startet im Oktober 2016. Fast zeitgleich, am 07. Oktober, erscheint euer neues Album „Friends“. Wovon handeln die Songs auf dem neuen Album?

In dem Album geht es um Veränderungen in zwischenmenschlichen Beziehungen. Es geht um Beziehungen zwischen Partnern, Freunden oder der Familie, die sich ändern, wenn man älter wird. Wir sind jetzt in unseren späten 20ern. Es geht um das Erwachsenwerden. Ich bin nach Kalifornien gezogen und sehe Freunde und Familie jetzt weniger. Es ist eine interessante Zeit, vielleicht interessanter als in den 30ern, wenn wir Kinder haben und so.

Auf euren Konzerten wurden auch schon mal Morrissey oder Mark Ronson gesichtet. Ist das wahr?

Ja, das stimmt. Das war auf unseren ersten Konzerten. Und ich erinnere mich an ein Konzert damals in Camden, London, das wirklich schlecht war. Unsere Ausrüstung auf der Bühne ging kaputt und wir mussten das Konzert unterbrechen. Damals dachten wir, wir seien die schlechteste Band der Welt. Auf Festivals spielten wir dann später mit sehr bekannten Künstlern wie The Maccabees, Coldplay oder Kings of Leon.

Wie unterscheidet sich euer neues Album „Friends“ von den vorherigen Alben?

Der Prozess war anders im Vergleich zu den Alben zuvor. Wir hatten nicht viel Hilfe, sondern haben alles selbst und mit privatem Budget gesteuert. Wir haben entschieden, wo, wie und mit wem wir das Album aufnehmen. Das war großartig.

Wie schreibt ihr Songs?

Charles und ich schreiben die Songs zusammen. Wir hören zwei bis vier Stunden Musik am Tag, bevor wir anfangen Songs zu schreiben. Das war großartig, während wir an diesem Album gearbeitet haben. Eine große Inspiration für uns war „Steely Dan“, eine Jazzband aus dem 1970er-Jahren. Die haben wir die ganze Zeit gehört.

Ihr hattet bisher auch sehr düstere Themen und Sound – seid ihr fröhlicher geworden?

Ich glaube, dass wir uns verändert haben. Unser Sound ist ja immer noch ein bisschen düster. Als wir Teenager waren, wollten wir Musik mit düsterem Sound machen, um ernst genommen zu werden. Ich denke, das hört man immer noch ein bisschen. Je älter wir werden, desto weniger legen wir unseren Fokus darauf. Songs zu schreiben bedeutet für uns, miteinander und mit Menschen in Kontakt zu treten. Wir haben dafür verschiedene Wege entdeckt. Ich glaube, der größte Unterschied zu den Alben zuvor ist, dass es viele unterschiedliche Songs gibt. Diesmal haben wir mit verschiedenen Sounds und Stilrichtungen experimentiert. Am stärksten sieht man das an „Hold Back Your Love“. Bei dem Song haben wir auch mit Disco-Grooves experimentiert, das hat sehr viel Spaß gemacht.

Die Songs auf dem neuen Album „Friends“ heißen „Come On“, „Summer Didn’ t Change“ und „Take it out of me“. Worum geht es in den Songs?

Come on“ zum Beispiel ist ein klassischer „White Lies“-Song. Er ist musikalisch an das erste Album angelehnt. Inhaltlich geht es um eine lange und liebevolle Beziehung, die man fortführen will. Auf dem ganzen Alben geht es ja um Beziehungen.

Was erwartet ihr von der Tour?

Ich freue mich, wieder auf Tour zu gehen und wieder in Deutschland zu spielen und all unsere Fans hier zu treffen. Das Beste auf einer Tour ist, dass jeder Ort ein bisschen anders ist. Dabei lernt man auch viel über die Welt. Am schönsten ist es, die Städte zu Fuß kennenzulernen.