Zum Heiland mit HONNE: „Wir haben es wohl mit den Deutschen“
Von Flora Fährmann
HONNE sind die zwei Briten James Hatcher und Andy Clutterbuck, die mittlerweile seit zwei Jahren zusammen Musik machen und sich stilistisch ungern in eine Schublade stecken lassen. Ihr erstes Studio Album Warm on a cold night folgt schon vorausgegangenen EPs und enthält mehr von tanzbaren Ohrwürmern wie Coastal Love. Schon nach so kurzer Zeit blicken HONNE auf über zwanzig Millionen Spotify-Streams und ausverkaufte Tourneen zurück und ein Ende des Erfolges ist nicht in Sicht. Auf ihrer Platte finden sich ehrliche ungekünstelte Songs, denen man anmerkt, dass sie mit Herz geschrieben wurden.
Meine Fotografin Karina und ich betreten den Raum und uns erwarten die über beide Ohren strahlenden Jungs von Honne. Mein Ruf ist mir schon vorausgeeilt, denn ich werde gleich als „Die mit dem Bierlikör“ begrüßt. Der Heiland, unser einzigartiger Doppelbockliqueur, wird sofort von Andy inspiziert und er meint, dass der abgebildete Typ auf der Flasche ja sowieso wie aussieht wie er. Wir kippen den feinen Tropfen und beginnen dann, über das neue Album und die Jungs zu sprechen.
ZEITjUNG: Euer Album handelt unter anderem von Liebe in einem digitalen Zeitalter. Ermöglicht das Internet überhaupt noch Liebesgeschichten und seid ihr hoffnungslose Romantiker?
James: Also ich würde sagen….ja! Wir sind ja beide in Langzeitbeziehungen, also glauben zumindest wir stark daran, dass auch zwischen allen elektronischen Hilfsmitteln die wahre Liebe bestehen kann.
Andy: Ich habe meine Freundin auf Tinder kennengelernt (lacht). Und meiner Meinung nach kann man sich heutzutage gar nicht mehr von solchen Dingen fernhalten, da sie unsere Zeit ausmachen. Egal wie du jemanden triffst – du bemerkst nach kurzer Zeit, ob es gefunkt hat oder eben nicht.
Habt ihr dann auch früher mal als das Internet noch nicht so omnipräsent war ein Mixtape gemacht ? Falls ja…was war da drauf?
Andy: Ja, aber ich hab das nicht für die Mädels gemacht, sondern vor allem fürs Autofahren. Ich hab Songs gemischt und dann gehört. Einer war This Charming Man von The Smiths – wicked! Ihr lacht, aber mein erstes Konzert war als Kind tatsächlich Michael Jackson. Ziemlich cool, oder?
James: Als Kind war das halt das Größte für mich.
Andy: Ja schon, aber ich stand da und war ein bisschen überfordert. Was passiert hier ? Tausende Menschen. Die Bühnenshow. Rauch, Feuer, das aus dem Boden kommt.
James: Das sollten wir auch mal machen. Jetpacks an und auf die Bühne fliegen!
…aber ihr seid dann doch mehr die Band für Paare, die einen romantischen Abend verbringen wollen?
James: Oh, come on. Das ist jetzt schon etwas allgemein gesagt, aber ganz kann ich es auch nicht leugnen. Dafür bekommen wir auch die schönsten Kennlerngeschichten zu hören. Einmal hat uns so ein Typ angesprochen – lustigerweise ein Deutscher – und er meinte: Coastal love ist über mein Leben geschrieben, ich schwöre euch. Noch nie hat mich ein Song so sehr getroffen. Meine Freundin lebt in New York und es ist genau so.
Andy: Andererseits bekommen wir auch manchmal zu hören, dass ein Song von uns mit einer Trennungsphase verbunden war. Danach ist das Lied zu negativ belastet und es wäre zu traurig, ihn weiterhin zu hören. Das ist dann natürlich unschön, aber wir lieben solche Geschichten. Immerhin sind wir ja auch selber nicht wirklich dafür geeignet, Single zu sein.
Habt ihr manchmal richtig Lust, etwas anderes zu machen ?
James: Auf dem neuen Album haben wir nicht nur langsame Kuschelsachen, sondern auch tanzbare elektronische Musik. Wir versuchen auch uns selbst weiter zu entwickeln und andere Sachen zu machen. Mittlerweile ist man nicht mehr so an eine Musikrichtung gebunden.
Andy: Ich denke einfach, dass wir noch so viele Sachen in uns tragen, die raus müssen. Wir werden noch eine ganze Weile ziemlich beschäftigt sein.
Ihr erzählt in einem eurer Songs über das Kleinstadtleben und wie es ist, dort aufzuwachsen. Was unterscheidet euch von Großstädtern?
Andy: Es ist einfach so anders. Ich hatte immer meine Familie und die Natur und das prägt einen schon.
James: Naja, ich bin nach der Schule direkt nach Hause und hab Zeit mit meinem Vater verbracht. Jetzt lacht nicht so – Ich hatte auch Freunde.
Andy: Jaja, sicher.
James: Aber jetzt mal im Ernst. Ich glaube, ich war einfach konzentrierter auf meine Hobbies. Musik machen und sich auch die Ruhe dafür nehmen. Das Angebot war eben nicht so groß, wie wenn du beispielsweise in New York aufwächst. Andy und ich haben nur 45 Minuten voneinander entfernt gewohnt.
Neben dem Album gibt es ja auch eure Tour. Passieren euch da hin und wieder auch verrückte Sachen ?
James: Ja da geschieht schon einiges. Eines fällt mir gerade dazu ein – das war in Berlin…
Andy: Wir haben es scheinbar mit den Deutschen.
James: Da gab es diesen einen Mann, der schon etwas älter war. In der Mitte des Songs hat er angefangen, Leute zu umarmen. Und irgendwie hat das so gepasst, dass dadurch eine wahnsinnig tolle Stimmung entstand.
Andy: Emotionen hervorzurufen ist anscheinend unser Ding.
Ihr selbst beschreibt euch als große Fans der Arctic Monkeys. Auch wenn man ungern in Schubladen gesteckt wird – empfindet ihr euch so ein bisschen als die Nachfolger des „Golden Age of Indiepop“ ?
James: Nee, ich hasse Schubladen und kann mich ja jetzt schlecht selbst in den Himmel loben. Aber wenn ich uns schon in ein Genre stecken würde, dann wäre es wohl futuristic electronic Soul. Lieber erkläre ich es aber so: Wir machen die Musik, die du hörst, wenn du spätnachts mit dem Auto fährst und alles dunkel und still vor dir liegt.
Hört sich ja ziemlich poetisch an. Euer Name hat aber auch eine tiefere Bedeutung, die ihr aus dem Japanischen übernommen habt. Was ist euer Bezug dazu?
Andy: Wie sollte es anders sein, die Liebe hat mich mal nach Tokyo verschlagen.
James: Ich war leider noch nie dort aber wir haben via Skype Songs geschrieben, als Andy dort war.
…sprichst du dann auch Japanisch, Andy?
Andy: Nur ganz ganz wenig.
James: Doch, sehr wohl! Komm schon Andy, sag was!
Andy, etwas errötend, sagt ein paar Worte in Japanisch, die übersetzt wohl „Könnte ich bitte einen Orangensaft haben“ heißen.
James: Nun, jedenfalls haben wir das Wort „honne“ aus dem Japanischen genommen, da es dafür keine wirklich englische Entsprechung gibt. Es ist die Bezeichnung für wahre Gefühle. Wohl ganz geeignet für eine Band, die sich darauf spezialisiert hat, echte Emotionen in ihren Fans hervorzurufen.
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Bildquelle: Privat