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Vater sein mit Anfang 20: Ist das wilde Leben nun vorbei?

Ich bin mit 23 Jahren Vater geworden. Meine damalige Freundin und ich wohnten bereits ein Jahr zusammen, waren seit knapp drei Jahren ein Paar. Kurz nach der WM 2006 in Deutschland war sie schwanger. Ein WM-Kind, ein Sohn zudem, wie sich bald herausstellte. In Deutschland keimt eine neue Fußball-Hoffnung – mein Herz ging auf. Eine Ladung Euphorie gepaart mit einer Brise jugendlicher Naivität waren die Zutaten für den anfänglichen Geschmack dieser neuen Situation im Leben eines jungen Pärchens. Uns war eigentlich gar nicht klar, was auf uns zukommen wird. Und oh boy – welche Probleme und Herausforderungen sich durch Schwangerschaft und Kind ergeben werden.

Ich werde Vater und weiß gar nicht, was das bedeutet

Den Entbindungstermin konnten wir uns quasi aussuchen, meine Freundin unterzog sich einem Kaiserschnitt. Den Termin legten wir auf den 14. Februar 2007, Valentinstag. Oh wie schön! Unaufgeklärt über die anstehenden Schwierigkeiten, missachteten wir – getragen von dem Gefühl „Das wird bestimmt das Beste sein“ – unsere längst nicht mehr standhafte Beziehung. Erst recht war diese nicht gewappnet für eine feste und familiäre Zukunft, in die wir uns unkontrolliert stürzten. Ein Jahr nach der Geburt war die Trennung schließlich unausweichlich.

Die Situation zwischen meiner Exfreundin und mir entspannte sich erst nach der Trennung. Die Herausforderungen als junger Vater aber blieben. „Vater werden ist einfach. Vater sein nicht!“ ist ein bekanntes Sprichwort. War ich denn vorbereitet? Nein. Ich wuchs eher hinein und das Vatersein selbst entwickelte sich Jahr für Jahr. Das eigene Kind wird älter, der Vater in mir wuchs mit. Die Anfangszeit ist ein Mix zwischen Unsicherheit, Abenteuer, Stress und Freude zugleich. Zu Beginn musste ich mich gegen meine Ex-Partnerin und ihre juristischen Einwände wehren, die mir ohne Gründe das freie Umgangsrecht zu meinem Sohn verwehrten. So manch schwierige Auseinandersetzung verlangte eine hohe Kompromissbereitschaft und die Erkenntnis, dass sämtliche Machtkämpfe sinnlos sind und diese ja letztlich nur auf dem Rücken unseres Sohnes ausgetragen werden. Erst als diese Phasen überstanden waren und wir endlich reiften, konnte sich stetig ein routinierter Umgang mit meinem Kind und seiner Mutter entwickeln.

Ein Tanz auf mehreren Hochzeiten

Zu der veränderten Situation unseres Beziehungsstatus, kam hinzu, dass ich nun an jedem zweiten Wochenende nicht der Arbeit nachgehen oder mit Freunden um die Häuser ziehen konnte. Denn da war nun mein Sohn bei mir. Fortan spielte ich in dieser Zeit mit einem kleinen Kind, kümmerte mich, beobachtete wie es krabbelnd meine neue eigene Wohnung erforschte und hoffte, dass es die Nächte durchschlafen wird. Dies klappte recht gut alles, mein Sohn machte es mir auch nicht allzu schwer.

Studierender Vater sein mit wenig Geld

Der Kontakt zu meinem Sohn beschränkte sich anfangs auf zwei Stunden pro Woche daheim in seinem Kinderzimmer. Sein steigendes Vertrauen und mein routinierterer Umgang mit ihm trugen dazu bei, dass es immer mehr wurde. Gute sechs Jahre später startete ich spontan mit ihm einen Kurztrip nach Italien. Ziel waren ganz einfach Berge und Meer mit einem sehr bescheidenen Studentengeldbeutel. Letztendlich nahmen wir eine Mitfahrgelegenheit nach Genua, passierten auf dem Weg dorthin wunderschöne Strecken durch die Alpen, aßen klassisch italienische Pizza direkt am Meer und schauten uns am nächsten Tag die Stadt an der ligurischen Küste an. Der enge finanzielle und zeitliche Rahmen ließ natürlich nicht viel Spielraum, aber dennoch konnten wir ein schönes und auch aufregendes Wochenende gemeinsam als unseren ersten Urlaub verbuchen. Diese Reise war zwar nur ein relativ kurzer Ausflug, allerdings war es sinnbildlich dafür, dass Herausforderungen sich ergeben und man sich möglichst flexibel auf Situationsveränderungen gut anpassen kann.

Je älter er wurde, desto mehr konnte ich mit ihm unternehmen und gestalten. Das reichte von Besuchen im Deutschen Museum über Fußballspielen im Park hin zum Rodeln an den Hängen der Theresienwiese. Als spannend stellten sich immer wieder die dafür notwendigen Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln heraus. Immer wenn ich versuchte möglichst günstig von A nach B mit ihm zu gelangen, plapperte sein kindlich vorbildliches Pflichtbewusstsein eine ermahnende Anklage aus, ob ich denn auch wirklich das richtige Ticket besorgt hatte. Da Kinder nun mal ihren Fragen sehr ehrlich und gern durch erhöhte Lautstärke Ausdruck verleihen – ganz unabhängig davon wie voll besetzt das gerade benutzte Verkehrsmittel sein mag – besorgt man dann auch das verdammte richtige Ticket.

Veränderungen werden bleiben

Das Verhältnis zu meinem Sohn wurde mit den Jahren immer stabiler und eingespielter. Alle zwei Wochenenden und in den Schulferien habe ich ihn recht regelmäßig bei mir, jedoch wird auch er älter und wird diesen Rhythmus nicht immer beibehalten wollen. Dann ergeben sich erneut veränderte Situationen, auf die entsprechend zu reagieren ist. Denn das eigene Kind wird nicht immer in regelmäßigen Abständen zum Vater wollen und stattdessen die Zeit lieber mit Kumpels verbringen, weil sparsame Ausflüge mit dem Papa nicht mehr ganz so cool sein werden. Daher bleibt es als getrennt lebender Vater immer eine Gratwanderung. Das Spiel zwischen Verantwortung, Einflussnahme, Emotionalität, sowie Abstand und Nähe, welches man am besten bestreitet mit der richtigen Mischung aus Geduld, Empathie, Zurückhaltung, Durchsetzung und Bereitschaft um zukünftigen Weiterentwicklungen eine gute Basis für die Vater-Sohn-Beziehung zu ermöglichen.

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Bildquelle: Pexels unter CC0 Lizenz