A Hole: Ein YouTube Projekt lässt Influencer auffliegen

Dass im Internet nicht alles echt ist, ist längst bekannt. Viele Fotos, Gesichter und Produktempfehlungen sind gefälscht, gegen Geld geschönt. Die Könige in dieser Disziplin sind Influencer. Doch wie weit gehen sie tatsächlich für Geld? Wie unwichtig sind Authentizität und die Ehrlichkeit zu den eigenen Followern? Ein neues YouTube-Experiment bringt neue Erkenntnisse.

Der YouTuber Marvin testet immer wieder Influencer auf ihre Glaubwürdigkeit, darauf wie wichtig das Geld und wie unwichtig die Fans tatsächlich sind. Sein Kanal sieht daher nicht wie der eines üblichen YouTubers aus, es erscheinen nur ein paar wenige Videos pro Monat, manchmal kommt ein paar Monate auch überhaupt nichts. Marvin setzt auf Qualität statt Quantität. Wenn mal wieder ein Video erscheint, kann man sich sicher sein, dass es sehr spannend und klug durchdacht ist. Oftmals hat er Experimente verschiedener Art durchgeführt, die Instanzen oder Einzelpersonen, die in der Öffentlichkeit stehen auf Professionalität testen. In der Vergangenheit hat er zum Beispiel probiert, sich einen Doktortitel zu erschleichen und ein Fake-Produkt (eine Creme mit dem Namen „Hydro Hype“) von namenhaften Influencern und Influencerinnen bewerben zu lassen. Gegen Geld selbstverständlich.

Der Clou: Die Creme mit „Anti-Ageing-Effect“ hatte Gleitgel als Inhalt. Manche Internetstars hatten der Creme damals sogar trotz Produkttest im Vorfeld eine Plattform gegeben und das Anti-Ageing, hervorgerufen durch den Hauptbestandteil „Urangestein gereinigtes Wasser“, empfohlen. Ziemlich unangenehm nach der Auflösung. Teilweise sorgte er in der Vergangenenheit bereits für das Feuern von Managements, nun hat er erneut zugeschlagen: Vorhang auf für den neuen Arthouse Film „A Hole“.

Der Film

Vor 3 Wochen ist das erste Video zum neuen Projekt erschienen, gestern das letzte. Schon nach einem Tag hat das Video fast eine Millionen Aufrufe, Platz 26 in den Trends. Marvin und seine Tests sind Popstars. Das Konzept der neuen Aktion: Einen grottenschlechten, nichtssagenden „Horror“ Film drehen, dazu eine eigene, inszenierte Premiere organisieren und einen Haufen Influencer einladen, die Werbung dafür machen sollen. Soweit so einfach.

Nach nur 10 Minuten hat das erste Management eine Zusage gesendet und ihre Influencerin zur Premiere geschickt. Um fair zu bleiben: Eine Weile später hat dasselbe Management seine Arbeit wohl doch noch gemacht und aufgrund von fehlender Internetpräsenz (es gab keinen Trailer, keine Website oder irgendetwas anderes online zu finden, außer einer Instagram-Seite) wieder abgesagt. Doch auch von 0 Google-Treffern haben sich die Managements anderer Influencer nicht abschrecken lassen und so konnte die Premiere doch mit genug Instagram-Größen stattfinden. Mit dabei: Skandal-Star Aline Bachmann, sie soll übrigens Spenden für krebskranke Kinder gesammelt haben, das Geld aber einfach, na ja, behalten haben.

Wie auch immer: 4 Influencerinnen und ein Influencer gehen zur Premiere, machen zuvor fleißig Stories, geben Interviews und lächeln in die Kamera. Gegen Geld. Das wirklich interessante: Gefordert war auch eine Story NACH dem Film. Also nach dem, was zumindest als Film verkauft wird. Wer wird also, trotz persönlicher Erfahrung mit dem „Kunstwerk“, seine Follower anlügen und ins Kino schicken? Trauriger Spoileralarm: Eigentlich Alle. „Checkt den auf jedenfall ab“, sagt Calvin Kleinen, Trash-TV Star, in seiner Instagram-Story. Nur wenige Augenblicke später meint er im vermeintlich Privaten zu seinen Kolleginnen „Das soll Kunst sein, die Scheiße, die du da siehst“. Ganz schön krass. Doch auch die Anderen nehmen das Thema Ehrlichkeit nicht wirklich für voll. Es hagelt Empfehlungen. Empfehlungen für einen Film, der sowohl in vereinzelten Szenen, als auch auf dem Poster, ein Po-Loch zeigt. A…Hole eben.

Alles Fake im Internet?

Dass Ehrlichkeit auf Instagram am Kürzesten währt, ist ja eigentlich schon länger bekannt. Was zählt sind Follower, Likes, Klicks und Geld. Doch wenn man das alles schon hat, entgegengebracht von einer Community aus Fans, könnte man doch zumindest erwarten, dass wenigstens die eigenen Supporter nicht belogen werden und nur für Dinge geworben wird, die auch tatsächlich eine gewisse Qualität vorweisen können. Leider entspricht auch das offenbar nicht wirklich der Realität. Doch das ist noch immer nicht das Ende, seid ready für den Plottwist:

Einen Tag nach der Premiere haben fast alle der Teilnehmenden eine weitere Story zu dem Film gepostet, in der sie sich mit dem mehr oder weniger gleichen Text aus dem Thema herausreden und die Empfehlung zurückziehen. Das geschah auf Rücksprache mit dem Management, welches sich fast alle teilen und gemeinsam mit eben fast allen anderen Influencern. Daran lässt sich sehen, wie sehr sich beraten lassen wird und wie wenig Eigeninitiative in den Internet-Größen steckt. Keiner, außer Melody Haase, hat sich getraut auf eigene Faust, ohne Rücksprache mit dem Management, keine Empfehlung auszusprechen, geschweige denn, ein ehrliches Urteil abzugeben.

Das Projekt zeigt im Großen und Ganzen erneut, dass Influencer noch immer sehr leicht zu kaufen sind und sich Worte in den Mund legen lassen, hinter denen sie nicht stehen. Die Social Media Welt dreht sich,- genau wie die reale Welt – eben hauptsächlich um Geld und da muss die Ehrlichkeit manchmal zurückstecken. Behaltet das nächste Mal, wenn euer Lieblingsstar auf Insta eine Story hochlädt, also das Video im Hinterkopf und fallt auf keine gefälschte Rezession rein. Sachen, die sich proaktiv von Influencern bewerben lassen, haben es sowieso meistens nicht wirklich in sich.

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Bildquelle: Joseph Redfield auf Pexels.