Von wegen Zappelphilipp: AD(H)S bei erwachsenen Frauen

Sarah* ist 29 und hat ADS. Diagnostiziert wurde es bei ihr glücklicherweise schon als Kind und so hatte sie Zeit zu lernen, mit den Schwierigkeiten umzugehen. Im Gespräch hat sie uns von ihren persönlichen Erfahrungen erzählt.

Zeitjung: Wie äußert sich das ADS bei dir?

Sarah: Es äußert sich vor allem darin, dass ich oft verträumt bin und es mir dann schwerfällt, meine Aufmerksamkeit auf das zu richten, worauf ich sie gerade richten sollte. Das fängt schon morgens im Bad an, dass ich zum Beispiel beim Duschen so in Gedanken bin, dass ich irgendwann ganz vergesse, was ich gerade mache oder ich bleibe einfach auf dem Klo sitzen, weil ich abgelenkt bin. Oft geht es mir auch so, dass ich auf der Arbeit oder in der Uni bei Besprechungen einfach nicht zuhören kann und mir wichtige Dinge entgehen.

Wie hat sich das verändert, seit du erwachsen bist?

Als Kind war ich sehr chaotisch, ich habe ständig Termine vergessen und kam zu spät. Ich konnte Dinge nicht so gut zu Ende machen und war sehr ablenkbar bei Hausaufgaben und so weiter. Jetzt habe ich viel besser gelernt, mich zu organisieren und zu strukturieren, was mir sehr hilft. Ich musste mir das alles sehr gut aneignen, um die Schwächen, die ich das durch ADS habe, zu kompensieren. 

Hast du einfach nur dazu gelernt oder haben sich auch Dinge von alleine geändert, weil du erwachsen geworden bist?

Das ist schwer zu trennen. Ich glaube schon, dass sich meine Konzentrationsfähigkeit auch durch normale biologische Reifungsprozesse verbessert hat mit dem Alter. Aber ganz viel kommt auch daher, dass ich mir Strategien angeeignet habe.

Was sind denn das für Strategien oder Maßnahmen, die dir geholfen haben und noch helfen?

Eine Strategie ist, für eine gute Ordnung zu sorgen. Auf meinem Schreibtisch sind jetzt nur ganz wenige Sachen und zwar solche, die mich motivieren und die dafür sorgen, dass ich mich wohlfühle. Ansonsten hilft es, generell Ablenkungen auszuschalten, mir eine Tagesstruktur zu geben, meine Aufgaben gut zu planen, Aufgaben in einzelne Arbeitsschritte aufzuteilen, mich zwischendurch zu belohnen und Pausen zu machen.

Gibt es auch Aspekte am ADS, die du positiv siehst?

Ich habe dadurch gelernt, mich selbst zu strukturieren und mir eine gewisse Selbstdisziplin angeeignet. Außerdem habe ich mehr Verständnis für Leute, die unorganisiert sind oder oft zu spät kommen.

Danke für das Interview!

*Name geändert