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Hassobjekt: Gruppenarbeit – das Konzept aus der Hölle

Jeder kennt sie, jeder hasst sie und doch brauchen wir sie wie die Luft zum Atmen: Nervige Klientele und unnütze Gegenstände des Alltags, über die man sich so richtig schön echauffieren kann – da geht es den ZEITjUNG-Autoren nicht anders. Deshalb lassen wir unserer Wut in der Reihe „Hassobjekt“ einfach freien Lauf und geraten ab sofort immer montags in Rage. Eins ist sicher: Nichts ist uns heilig und keiner wird verschont. Dieses Mal auf der Abschussliste: „Gruppenarbeiten“

Rede ich über Gruppenarbeiten könnte man meinen, Nico Semsrott und Gernot Hassknecht unterhielten sich über die AfD: ein reger Wechsel zwischen ernüchterter Resignation und therapiebedürftiger Wut. Dieses didaktische Konzept aus der Hölle erschließt sich mir einfach nicht. Das beginnt schon bei der Auswahl der anderen Gruppenmitglieder.

Schreiben in der passiv-aggressiven Whatsapp-Gruppe

Die ist wie die Auswahl der Schlange an der Supermarktkasse: Man macht es einfach immer falsch. „Team“ ist nicht umsonst die Abkürzung für „Toll, ein anderer macht’s!“. Um herauszufinden, wer das Glück hat, „ein anderer“ sein zu dürfen, wird zunächst mal eine Whatsapp-Gruppe erstellt. Die enthält wahlweise den Titel des Seminars oder den Slogan „Work hard play hard“. Dahinter dann einen Bücher- und einen Bizeps-Emoji. Als ob hier wirklich jemand arbeiten würde. Wen versuchst du hier zu täuschen, Admin? Dann beginnt der Spaß erst richtig. Jemand startet die Debatte mit „Hey ihr Lieben, ich habe hier mal fix einen Doodle erstellt für unser nächstes Teamtreffen. Wäre super, wenn ihr den ausfüllen könntet. Ich bringe dann auch Kekse mit und wir könnten hinterher was trinken gehen. Das wird toll und mindestens ne 1,3!“. Zwei Wochen später hat natürlich noch kein Treffen stattgefunden. Die Zeit der erfundenen, aber höflichen Ausreden ist jedoch vorbei. Jetzt beginnt das Battle darum, wer mehr Stress hat und „jetzt echt viel zu busy“ für diese Gruppenarbeit ist. 37 passiv-aggressive Nachrichten später hat sich eine Person erbarmt, ein Grundkonzept zu schreiben und Aufgaben zu verteilen. Das heißt aber noch lange nicht, dass die auch erledigt werden.

Work hard play hard? Von wegen!

Spätestens jetzt ist klar, dass hier weder „work“ noch „play“ stattfindet. Arbeiten tut nämlich niemand und ausgehen wollt ihr erst recht nicht miteinander. Denn von der motivierten Sympathie am Anfang ist nichts mehr übrig. Jeder hat das Gefühl, diese Person zu sein, die alles übernimmt – während die anderen chillen. In Wirklichkeit macht aber keiner so richtig was. Deswegen ist der Projektbericht in Form eines Google-Docs auch noch halb leer – und zwar eine Woche vor Abgabe. Von der angestrebten 1,3 haben sich auch alle verabschiedet. “Hauptsache bestehen“ lautet jetzt die Devise. Eine Person hat das Titelblatt gestaltet, inklusive zwei falsch geschriebener Nachnamen und verabschiedet sich „nach getaner Arbeit“ in den Urlaub. Verzeihung, die Person begibt sich auf Selbstfindungsreise und leistet Freiwilligenarbeit. Der nächste hat bereits am letzten Vorlesungstag die Stadt Richtung Heimat verlassen und zu Hause ist der W-Lan-Empfang leider echt voll schlecht.

Schnell noch die Unterschriften fälschen

Schließlich erbarmt sich jemand und schreibt die restlichen Punkte alleine fertig. Der Vierte tut so, als hätte er es Korrektur gelesen. Auf mysteriöse Art und Weise taucht jetzt eine Person auf, die seit der Gruppenbildung nicht mehr gesehen wurde. Sie erklärt ausführlich, warum sie so lange verschwunden war. Die Geschichte enthält mindestens eine Superheldenmission und zwei von einem Baum zu rettende Kätzchen. Jetzt folgt die Bitte, den eigenen Namen noch mit unter den Projektbericht setzen zu dürfen. Dafür würde sie auch „die Druckkosten übernehmen und den Bericht zum Prüfungsamt bringen“. Heidewitzka, pass auf, dass du kein Burnout bekommst! Diese Person druckt schließlich die Arbeit aus, fälscht alle Unterschriften unter der Eidesstattlichen Erklärung und wirft die Arbeit am Morgen nach der Abgabefrist in den Briefkasten des Dozenten.

„Selbstgesteuert und eigenverantwortlich“

Das war also in der Modulbeschreibung gemeint als es hieß „Die Studierenden lernen, selbstgesteuert und eigenverantwortlich abgeschlossene Projekte entwickeln.“ Und das mit dem „für alle Beteiligten fruchtbaren Prozess“ hat auch super geklappt!