eine afghanische flagge weht im wind

Afghanistan: Abschiebungen in ein im Stich gelassenes Land

Dennoch wird die Notlage der Asylbewerber*innen von den zuständigen Behörden nicht wahrgenommen. In einem Interview mit der deutschen Welle gab der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Thorsten Frei, an, die Forderung nach einem Abschiebestopp nicht nachvollziehen zu können, da es sich „nur um sehr wenige Personen handle“, die von den Abschiebungen betroffen seien. Angesichts des katastrophalen Zustandes, in dem sich das Land befindet, und des Leids, mit dem sich die Afghan*innen konfrontiert sehen, ist diese Aussage an Hohn nicht zu übertreffen. Oft hängt das Schicksal der Geflüchteten in Deutschland davon ab, ob die zuständigen Behörden die Geschichten der Asylbewerber*innen als glaubwürdig erachten. So wurde auch der Asylantrag im Falle des 21-jährigen Geflüchteten Parwiz endgültig abgelehnt, dessen Vater und Bruder von den Terroristen ermordet wurden. Der Flug, mit dem Parwiz in seine Heimat gebracht werden sollte, wurde jedoch abgesagt. Diesem glücklichen Zufall ist es geschuldet, dass er sich noch in Deutschland befindet. Gut geht es ihm zum aktuellen Zeitpunkt aber trotzdem nicht. Aus Angst vor der Abschiebung hat er bereits zwei Mal versucht, sich das Leben zu nehmen und wurde daraufhin in eine Psychiatrie eingewiesen. Er sagte dem BR:

„Lieber bringe ich mich um als die Taliban“

In Anbetracht solcher Umstände bleibt zu sagen, dass die afghanische Bevölkerung nach dem nahezu zwanzigjährigen Einsatz, der die Situation der Menschen kaum verbessert hat, im Stich gelassen wird. So kann angezweifelt werden, ob es sich wirklich um den richtigen Zeitpunkt handelte, den NATO-Einsatz im Land zu beenden. Anstatt sich darum zu bemühen, der zu einem großen Teil unbewaffneten Zivilbevölkerung Schutz zu gewährleisten, wird die Notlage, in der sich die Afghan*innen befinden, in der westlichen Welt weiterhin ignoriert. Dabei stellt sich auch die Frage, wie sich das Bild vom „Westen“ bei den betroffenen Afghan*innen infolge solcher Entscheidungen entwickeln wird. Das Vertrauen der Zivilist*innen in US-amerikanische und europäische Regierungen dürfte nach der langen Zeit der Konflikte mit den Taliban und den Jahren der zwecklosen militärischen Interventionen ohnehin etwas angeschlagen sein.

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Bildquelle: Sohaib Ghyasi on Unsplash, CC0-Lizenz