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Die Angst vor Liebe schauen wir uns nur von anderen ab!

„Everything you’ve ever wanted is on the other side of fear.“ Ein Spruch, der so kitschig ist, dass ihn nur ein amerikanischer Motivationscoach wie Jack Canfield schreiben kann. Und trotzdem liegt etwas Wahres in diesen Zeilen, die uns aus unserer comfort zone locken sollen. Vor allem in puncto Liebe sind wir mehr zitternder Hase als mutiger Löwe und kennen nur zu gut diese innere Zerrissenheit. Ja, es ist ziemlich kompliziert, wenn man Menschen mag und sich am Ende doch selbst im Weg steht. Doch in einer Studie kam jetzt heraus, dass unsere emotionalen Horrorszenarien vor allem von der Reaktion unserer Umwelt abhängen.

Warum haben wir Angst anstatt neue Erfahrungen zu feiern?

Am Handy weinen, über Skype streiten, durchgeplante Wochenenden, an denen man zu harmonischer Zweisamkeit verdammt ist, Bahnhöfe, die nicht mehr Orte des Reisens sind, sondern Abschiedsschmerz symbolisieren. Früher oder später wird die geographische Distanz zur emotionalen. Vor all dem haben wir Angst, wenn wir an eine Fernbeziehungen denken. Das Paradoxe daran ist, dass viele noch nie eine geführt haben und nie die Erfahrungen selbst gemacht haben, dass Fernbeziehungen nicht zwingend so aussehen müssen. Diese Ängste sind eigentlich anderer Menschen Geschichten – doch wir haben sie in uns aufgesogen und machen sie zu unseren. Und anstatt gemeinsam jede neue Erfahrung zu feiern, hängt jedes Auslandssemester, jeder Umzug zunächst wie ein Damoklesschwert über unserer Beziehung,

How can you trust your feelings, when they can just disappear like that?

Manchmal geben wir kostbare Beziehungen auf – aus Angst, etwas zu verpassen. Dass uns tatsächlich etwas fehlt, ist aber selten der Fall. Oft ist es eher ein diffuses, von außen installiertes Gefühl der unbegrenzten Möglichkeiten. Wir meinen, den Liebesolymp zu früh erreicht zu haben – und danach geht es sicherlich nur noch bergab. Aber wie sollte es auch anders sein, schließlich zeigt uns Hollywood in schnulzigen Komödien nur das kribbelnde Zusammenkommen, den leichten Anfang einer Beziehung. Oder wir sehen das dramatische Zerbrechen einer Beziehung. Wer den Kontrast auf dem Silbertablett serviert bekommen möchte, schaut sich am besten Blue Valentine an. „How can you trust your feelings, when they can just disappear like that?“, fragt Cindy ihre Großmutter als ihre Beziehung mit Ryan Gosling in Trümmern steht. Mit solchen Gedanken im Kopf ist es einfach, das zu verlassen, was uns im Moment noch zum Glücklichsein reicht, für die Imagination eines Nonplusultras.

Oder doch lieber auf Nummer sicher gehen?

Auch schrecken viele vor einer Beziehung mit dem besten Freund, der besten Freundin zurück. Dabei wäre körperliche Intimität mit jemandem, der dich beim durchtanzten Afterhour-Philosophieren schön findet, deine peinlichsten Geheimnisse kennt und deine Liebe für trashige Serien teilt, von außen betrachtet keine schlechte Wahl. Doch das Risiko diese besondere Person wegen hemmungsloser Küsse zu verlieren und am Ende weder Lover, noch Freund zu haben, gehen wir nicht ein – schließlich werden wir so aufgezogen, dass Liebe nicht mehr für die Ewigkeit gemacht ist. Doch manchmal meint „Für Immer“ nicht, dass wir bis ans Lebensende mit einer Person zusammen sind, sondern dass Momente so schön sind, dass wir sie für immer mit uns tragen. Und wäre es den Schmerz, das Ende nicht wert, so einen Moment miteinander zu teilen?

Wovor für uns fürchten, beeinflusst unsere Umwelt

Ja, wir sind manchmal Angsthasen, haben von geschiedenen Eltern und aus Liebesfilmen gelernt, wie gefährlich Amore doch sein kann. Schon im 17. Jahrhundert vermutete John Locke (den Namen kennt man sonst von der Theorie der Gewaltenteilung und dem Liberalismus), dass wir uns Phobien von anderen Menschen abschauen – und dazu gehören für die Generation Y eben Zweifel an Beziehungen, die Angst vor Verantwortung, die Furcht vor dem identitätserschütternden Ende einer Liebe.

Die Psychologen Armita Golkar und Andreas Olsson analysierten in ihrer Studie „Immunzation Against Social Fear Learning“ den Zusammenhang zwischen Angst und der Beobachtung von Angstreaktionen. Dabei sahen Probanden einer Person zu, der Gesichter auf einem Bildschirm gezeigt wurde und die bei manchen dieser Gesichter einen Stromschlag bekam. Obwohl die Probanden niemals den Schmerz spürten, entwickelten diese ebenfalls Angst vor den Stromschlag-Gesichtern. Sahen die Probanden allerdings jemandem zu, der keine schmerzhaften Reaktionen zeigte, entwickelten diese auch später keine Angst vor den Gesichtern.

I do trust. I do trust myself.

Wir entscheiden uns nicht dafür, Angst zu haben. Wenn es um unsere körperlichen Reaktionen geht, schneidet uns die Amygdala in unserem limbischen System ein Schnippchen. Doch was wir aus der Studie lernen ist, dass wovor wir uns fürchten, unsere Umwelt beeinflusst, und dass es damit auch in unserer Hand liegt, sich positive Vorbilder zu nehmen, sich an schöne Geschichten zu erinnern. Im Übrigen lautet Omas Antwort in Blue Valentine auf die Frage, was wir bloß mit unseren verflixten Gefühlen machen sollen: „I think the only way you can find out is to have the feeling. You’re a good person. You have the right to say, „I do trust. I do trust myself.“