
Sex-Mythen zerstört: Warum enger nicht immer besser ist
Hast du schon mal gehört, dass eine Vagina für optimalen Sex möglichst eng sein sollte? Dies ist ein weit verbreitetes Missverständnis, das in der Gesellschaft fest verankert ist. Nele Sehrt, eine renommierte Sexologin aus Hamburg, räumt in einem Beitrag für die WELT mit diesem Vorurteil auf und erklärt, dass eine weite Vagina tatsächlich ein Zeichen hoher sexueller Erregung sein kann.
Wie Erregung funktioniert
Sehrt, die regelmäßig über sexuelle Gesundheit schreibt, erläutert, dass während der sexuellen Erregung die Durchblutung in der Vaginalregion zunimmt. Dies führt dazu, dass sich der anfangs faltige Vaginalschlauch ausdehnt – sowohl in die Länge als auch in die Breite. Dieser Prozess, bekannt unter den Begriffen „vaginales Tenting“ oder „Ballooning“, ist ein natürlicher und wichtiger Teil des Erregungsablaufs. Durch die Dehnung werden die Vaginalwände empfindlicher für sexuelle Stimulation, was das sexuelle Empfinden steigern kann. Dies bereitet die Vagina ideal auf den penetrativen Geschlechtsverkehr vor, indem sie sich mit zusätzlicher Lubrikation auf die Aufnahme eines Penis oder anderer Objekte vorbereitet.
Mythen um die enge Vagina
Ein weiterer interessanter Aspekt, den Sehrt anspricht, ist die fälschliche Gleichsetzung von Enge mit Lust oder sexueller Tauglichkeit. Eine Vagina, die übermäßig eng ist, kann auch ein Indiz für Schmerzen oder eine unzureichende Erregung sein. Wenn der Beckenboden verkrampft ist, kann dies zu Unbehagen und Schmerzen führen. Diese Verkrampfung ist oft nicht willentlich steuerbar und kann ein ernstes Hindernis für befriedigenden Sex darstellen.
Medizinische Faktoren nicht außer Acht lassen
Es ist wichtig, auch medizinische Faktoren in Betracht zu ziehen, die eine Veränderung der Vaginalweite bewirken können. Wie Sehrt betont, sollten Frauen Änderungen in der Beschaffenheit ihrer Vagina ärztlich abklären lassen. Mögliche Ursachen für eine veränderte Vaginalweite können unter anderem Geburtsverletzungen, Vaginismus – eine unwillkürliche Verkrampfung der Beckenbodenmuskeln – oder hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren sein. Diese Bedingungen können die Elastizität und Funktionalität der Vagina beeinflussen und erfordern oft eine medizinische Behandlung oder Anpassung der sexuellen Praktiken.
Gesellschaftliche Wahrnehmung und sexuelle Gesundheit
Die gesellschaftliche Wahrnehmung der Vagina und ihrer idealen Beschaffenheit hat tiefgreifende Auswirkungen auf das Selbstbild von Frauen und deren sexuelle Gesundheit. Durch die fortwährende Stigmatisierung und das Beharren auf unrealistischen körperlichen Normen kann es für Frauen schwierig werden, sich im sexuellen Akt vollständig fallen zu lassen und die Erfahrung zu genießen. Nele Sehrt und andere Experten fordern daher mehr Offenheit und Bildung in Bezug auf sexuelle Gesundheit und Anatomie.
Weg von der Bewertung, hin zur Akzeptanz
Wie Nele Sehrt betont, sollte das Ziel sein, weniger Wert auf die physikalischen Eigenschaften zu legen und mehr auf das gesamte sexuelle Wohlbefinden und die Zufriedenheit zu achten. Sie empfiehlt, verschiedene Erregungsquellen zu erkunden und sich von der Fixierung auf die mechanische Reibung zu lösen. Sexuelle Lust, so Sehrt, ist viel mehr als nur die Interaktion von Körperteilen; sie umfasst Intimität, emotionale Verbindung und gegenseitiges Verständnis.
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