Situationship

Freie Liebe: Wie Situationships unsere Beziehungswelt revolutionieren

Keine Verpflichtungen, keine Verliebtheit, dafür Intimität und eine gute Zeite – so kann man die sogenannte „Situationship“ beschreiben. Diese Form des Zusammenseins soll perfekt in unsere heutige Zeit passen, behauptet die Autorin Lisa Ludwig im SZ Magazin. Doch kann eine „Situationship“ wirklich funktionieren oder ist sie zum Scheitern verurteilt?

Auf Tinder findet man Profile, die diese neue Beziehungsform beschreiben. Menschen suchen hier keine festen Beziehungen, sondern eine unverbindliche Partnerschaft, in der man Zeit miteinander verbringt und Sex hat, ohne die damit verbundenen Verpflichtungen. Diese „Light-Variante“ einer Beziehung nennt man Situationship. Es geht um Intimität und das Teilen von Momenten, ohne den Druck einer traditionellen Beziehung.

Ein neues Beziehungsmodell?

Situationships sind eine Art Zwischenstadium zwischenmenschlicher Unverbindlichkeit. Man trifft sich, hat Spaß, vielleicht auch exklusiv, doch ohne die Last, der erste Ansprechpartner in Krisensituationen sein zu müssen oder sich Gedanken über gemeinsame Zukunftspläne zu machen. Diese Form des Miteinanders scheint vielen Menschen in der heutigen schnelllebigen Zeit zuzusagen.

Dabei unterscheidet sich eine Situationship fundamental von den klassischen Kennenlernphasen, erklärt die Autorin. Hier geht es nicht darum, auf eine Beziehung hinzuarbeiten, sondern bewusst im Jetzt zu leben. Ehrliche und offene Kommunikation sei dabei das A und O, um Missverständnisse und Verletzungen zu vermeiden.

Eine Beziehung ohne Beziehungsdruck

Obwohl Situationships für viele ideal scheinen, haben sie ein schlechtes Image. Kritiker werfen ihnen vor, emotional unnahbare Menschen anzuziehen, die mit den Gefühlen anderer spielen. Psychologe Christian Hemschemeier bezeichnete Situationships als Verbindungen, bei denen mindestens einer der Partner nach etwas Besserem sucht. Das führe oft dazu, dass einer der beiden am Ende verletzt wird.

Die Kritik, die Situationships auf TikTok und anderen sozialen Medien erfahren, sei jedoch oft übertrieben, meint die Autorin. Nicht jeder, der sich in einer Situationship befindet, sei emotional toxisch. Vielmehr könne diese Form des Zusammenseins eine Möglichkeit sein, das Bedürfnis nach Nähe und Intimität zu stillen, ohne sich komplett binden zu müssen.

Die Vorteile einer Situationship

Für viele Menschen, die sich in einer Situationship befinden, liegt der Vorteil in der Freiheit und der emotionalen Unverbindlichkeit. Man muss nicht auf jeder Ebene mit dem Partner harmonieren, es reicht, ihn sympathisch und attraktiv zu finden. Unterschiedliche Zukunftspläne oder Hobbys spielen keine Rolle, solange die Basis der Verbindung intakt bleibt.

Lisa Ludwig beschreibt ihre eigenen Erfahrungen mit Situationships. Sie empfindet diese Form des Zusammenseins als weniger belastend und besser zu bewältigen, weil sie weniger investieren muss. Für sie ist es eine Möglichkeit, die Vorteile einer intimen Partnerschaft zu genießen, ohne den Druck und die Verantwortung einer festen Beziehung.

Situationships in unserer Zeit

Situationships sind ein Phänomen unserer Zeit. Die Autorin sieht darin eine Reaktion auf die Überforderung, die viele Menschen heute empfinden. Beziehungen bedeuten Zeitmanagement und emotionale Investition – Dinge, die viele in ihrem hektischen Alltag nicht mehr leisten können oder wollen.

Für Ludwig bieten Situationships eine ideale Lösung, um Nähe und Intimität zu erleben, ohne die Erwartungen und Verpflichtungen einer festen Beziehung. Sie sieht darin keine emotionale Kälte, sondern eine Form von Selbstfürsorge. Es gehe darum, sich in einer Welt, die immer komplexer und fordernder wird, emotional zu schützen und dennoch die menschlichen Bedürfnisse nach Nähe und Geborgenheit zu erfüllen.

Die Risiken einer Situationship

Natürlich sind Situationships nicht ohne Risiken. Menschen können trotz aller Unverbindlichkeit verletzt werden. Es ist wichtig, von Anfang an offen darüber zu sprechen, was man sich erwartet und was nicht. Nur so können beide Partner vermeiden, falsche Hoffnungen zu wecken. Egal also, ob Situationship oder traditionelle Beziehung, wie immer gilt: Communication is key!

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Bild: Foto von Leah Newhouse via Pexels; CC0-Lizenz