Essen Gönnen Tisch Gerichte

„Gönnt euch!“ – Eine Ode an den Genuss.

Laut Statistik haben 82% der Deutschen in den letzten Jahren wenigstens eine Diät ausprobiert. Die Unzufriedenheit mit sich und seinem Körper sowie der Druck irgendwelchen Schönheitsidealen zu entsprechen, bringt Menschen dazu die verrücktesten Dinge zu tun. Wochenlang essen sie nur Kohlsuppe, schlucken Bandwurmeier oder inhalieren Asthmaspray, um den Kalorienverbrauch zu erhöhen. Frauenzeitschriften postulieren in ihren obligatorischen Diät-Artikeln: „In drei Schritten zur Traumfigur“ oder „Mit Genuss abnehmen“. Bullshit. Das ist ungefähr so realistisch wie „Entspannt zur Steuererklärung“ oder „In drei Schritten zum Asylantrag“.

Exzessives Diät halten setzt der Gesundheit und dem Wohlbefinden zu, kann zu Essstörungen führen und – am allerwichtigsten – macht so überhaupt gar keinen Spaß. Wenn sich beim Grillfest die Leckereien türmen und man selbst stundenlang eine Karotte zu Tode nuckelt, ist das bloß semi-lustig. Für alle Beteiligten. Obwohl. Bleibt mehr für die anderen.

 

Kein Genuss ohne Competition

 

Dabei geht es gar nicht darum, sich täglich unkontrolliert Sprühsahne in den Mund zu schießen bis sie aus den Ohren quillt. Ist zwar witzig, aber auf Dauer nicht das Gesündeste. Tatsächlich geht es um Genuss! Um die viel zu teure Flasche Rotwein am Mittag, den viel zu fettigen Cronut – halb Croissant, halb Donut – um Mitternacht und das Käse-Nutella-Erdbeer-Popcorn-Brot am Montagmorgen. Das ganze am besten im Bett und – Achtung! – ohne Reue. Denn das ist die wahre Kunst. Genießen ohne schlechtes Gewissen oder den Zwang danach einen Halbmarathon rennen zu müssen.

Von klein auf wachsen wir in einem eher unflexiblen Belohnungs-/Bestrafungssystem auf. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Genuss darf es zwar geben, aber nur geplant und mit Legitimation. Wir arbeiten, um uns an den freien Tagen etwas zu gönnen. Mit dem Ziel uns von dem zu erholen, das uns ermüdet, um genau dafür wieder fit zu sein. Aha. Genuss folgt nur auf vorherigen Verzicht. Aber warum eigentlich? Keine Ahnung. Ist halt so. Vielleicht würde sonst die Wirtschaft zusammenbrechen oder die Erde sich auftun. Einen Versuch wäre es wert.

 

Das Angenehme mit dem Angenehmen verbinden

 

Problematisch ist, dass Genuss gerne mit Maßlosigkeit oder gar Völlerei verwechselt wird. Oh weh, Todsünde. Ist natürlich nicht gut für den Ruf. Daher beschränkt sich unsere Maßlosigkeit höchstens darauf, uns maßlos selbst zu disziplinieren. Nicht nur beim Essen. Auch beim Trinken, Feiern, Spielen, Diskutieren, im Urlaub, in der Uni oder sonstwo. Dabei tut es so gut über die Strenge zu schlagen. Sich eben nicht maßzuregeln, sondern einfach mal zu machen. Dann können die kleinsten Dinge einen großen Effekt haben. Total crazy sein und Vollmilch statt fettarmer Milch kaufen, mit den weißen Schuhen in die Schlammpfütze springen, aus Prinzip widersprechen, den ganzen Tag im Bett versiffen und kopfüber ins Nutellaglas tauchen. Eben nicht, weil es nützlich ist oder einen Zweck verfolgt. Ganz einfach, weil man es kann. Und weil es geil ist.

Daher Leute, tut euch den Gefallen und nehmt sie wahr, so oft ihr könnt, die spontanen Genüsse. Ohne Reue und Rechtfertigung. Ohne Anti-Diät-Tag. Gönnt euch reichlich!

 

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Bildquelle: unsplash unter CC0 Lizenz