"Avatar: The Way of Water"

„Avatar: The Way of Water“: Ein visuelles Meisterwerk mit wenig Inhalt

Großes Spektakel, wenig Inhalt

Der Film vermischt real gedrehte Sequenzen und computeranimierte Szenen. Die fotorealistische CGI-Welt lässt die Zuschauer:innen in eine fremde, wunderschöne Welt eintauchen. In mitreißenden Sequenzen erkunden die Mitglieder beider Stämme die Wunder der Meereswelt von Pandora: Sie schwimmen und tauchen mit hochintelligenten walähnlichen Kreaturen namens Tulkun, schimmernden Fischschwärmen und rosa Stachelrochen. Doch so schön und beeindruckend diese Sequenzen auch sind: Sie bringen die Story zum Stillstand. Es scheint so, als ob Cameron hier die Geschichte entglitten ist und er plötzlich das Erzählen vergessen hat.

Die Story ist zwar emotionaler und packender als in Teil 1, dafür aber extrem vorhersehbar. Schon in den ersten 30 Minuten zeichnet sich ab, wie der Film ausgehen wird. Auch was die Ursachen für die Actionszenen angeht, hätte Cameron deutlich kreativer werden können, denn die Ausgangssituation ist immer dieselbe: Die Kinder von Jake und Neytiri tun verbotene Dinge, geraten in Schwierigkeiten und müssen von ihren Eltern aus ihrer misslichen Lage befreit werden. Die Handlung geht also immer erst dann weiter, wenn eines der Sully-Kinder Unfug macht. Nach jeder Deeskalation kommt die Story zum Stillstand. Dies führt zu ermüdenden Wiederholungen.

Die Geschichte des zweiten Avatar-Teils ist – ähnlich wie die des Vorgängers – angereichert mit gesellschaftskritischen Aspekten wie der Umweltzerstörung und dem Erhalt des Natürlichen. Doch so schön die Botschaft ist, so enttäuschend ist deren Vermittlung in vielen Sequenzen. Die Umweltaspekte werden mit nichtssagenden und halb-esoterischen Phrasen wie „Der Weg des Wassers hat keinen Anfang und kein Ende“ und „Wasser verbindet alle Dinge“ zugekleistert.

Ein Plot mit Lücken

Der Film hat noch eine weitere Schwachstelle: Wichtige Teile der Geschichte geraten nach und nach aus dem Fokus. So sorgen vor allem die letzten 50 Minuten, in denen es zu einem großen Kampf zwischen den Menschen und den Riffbewohner:innen kommt, für Verwirrung: In den ersten Minuten der Schlacht kämpfen die Stammesmitglieder Metkayinas noch Seite an Seite gegen die Menschen.

Doch nach wenigen Minuten verschwinden der Häuptling Tonowari, seine Frau Ronal und ihr gesamtes Volk aus dem Geschehen und spielen beim alles entscheidenden Überlebenskampf rund um das untergehende Schiff der Menschen quasi keine Rolle mehr. Somit sind Jake, Neytiri und die Kinder auf sich allein gestellt. So stellte sich mir unweigerlich die Frage: Wohin ist das Volk in den alles entscheidenen Minuten des Films verschwunden? 

Hinzu kommt: Mit dem Ziehkind Spider gibt es in der Sully-Familie ein Mitglied, das – ich werde an dieser Stelle nicht spoilern – am Ende sehr wütend auf die Stiefmutter sein sollte. Ein klärendes Gespräch zwischen den beiden wäre dringend notwendig gewesen. Entgegen meiner Erwartungen sah das Cameron wohl nicht so.

Fazit

Inhaltlich ist „Avatar: The Way of Water“ ein schlichter Film – mit einer sehr vorhersehbaren Story. In dem dreistündigen Epos geht es – genauso wie beim Vorgänger – um die Konfrontation von menschlichen Kolonialist:innen mit den humanoiden Bewohner:innen Pandoras, um Überfischung, Umweltzerstörung und den Erhalt der Artenvielfalt. Wichtige Themen, die ruhig etwas genauer und detaillierter hätten thematisiert werden können. 

Ein wenig zu oft kam die Story zum Erliegen. Vor allem in den ersten zwei Stunden des Films erwischte ich mich hin und wieder bei dem Gedanken: 192 Minuten Spielfilmlänge wären sicherlich nicht dringend notwendig gewesen. Die emotionalen Storys um Jake, Neytiri und deren Kinder geben der Story im zweiten Teil immerhin einen intimen Rahmen und machen sie damit nahbarer.

Doch es sind vor allem die spektakulären Sequenzen, die die vorhersehbare Story wettmachen. In Erinnerung bleibt vor allem die beeindruckende Unterwasserwelt mit der farbenfrohen Fabelfauna und der wuchernden Pflanzenwelt. Cameron ist es erneut gelungen, ein visuelles Meisterwerk zu produzieren, das auf den TV-Bildschirmen in unseren Wohnzimmern niemals seine ganze Pracht entfalten kann – und einen Kinobesuch deshalb absolut lohnenswert macht.

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Bildquelle: 20th Century Studios