Badminton statt Bettsport: Honkongs kuriose Sex-Empfehlung

Das Bildungsbüro in Hongkong hat kürzlich Lehrmaterialien veröffentlicht, die Badminton ungewollt eine ganz neue Bedeutung verliehen haben: Der Sport ist zu einem Code für Sex unter Jugendlichen geworden.

In den Unterlagen für Lehrer der dritten Sekundarstufe wird auf Seite 32 vorgeschlagen, dass Jugendliche, die Sex haben möchten, stattdessen „zusammen Badminton spielen“ könnten. Diese Empfehlung geht aus einem Szenario hervor, das wie folgt vorgestellt wird:

„Tsz Ching und Sau Lai sitzen an einem heißen Sommertag allein zu Hause und lernen für die Schule. Tsz Ching zieht ihre Jacke aus und nur ihr Tanktop bleibt übrig. Sie schmiegt sich an Sau Lai’s Schulter. Er ist erregt und hat eine physiologische Reaktion.“

Bleibt nur noch die Frage: „Was würdest du tun, wenn du Sau Lai wärst?“. Laut den Verfassern des Lehrmaterials wäre eine Option, von dieser Situation abzulenken und zum Beispiel zusammen Badminton zu spielen. Doch das einzige, was diese Empfehlung erregt hat, ist viel Aufmerksamkeit und Spott auf Social Media.

Das chinesische „Netflix and Chill“

Einige Benutzer sozialer Netzwerke haben diesen Vorschlag humorvoll aufgegriffen, berichtet die BBC. In den sozialen Medien vergleichen Leute das Badmintonspielen mit dem in westlichen Ländern bekannten Ausdruck „Netflix and Chill“, eine inzwischen weniger unauffällige Einladung zum Sex.

„Auf Englisch: Netflix and Chill? – Auf Kantonesisch: Zusammen Badminton spielen?“ (Quelle: Facebook)

Selbst die olympische Badmintonspielerin Tse Ying Suet kommentierte ironisch, ob nun wirklich alle Interesse am Badminton hätten.

„Alle wollen Badminton spielen. Stehen grad wirklich alle auf Badminton? (Quelle: Instagram Threads)

Lokale Politiker und Bürger kritisieren die Materialien als „realitätsfern“. Die Abgeordnete Doreen Kong kritisierte den Vorschlag, doch statt Sex lieber Badminton zu spielen, als unrealistisch:

Wie sollten sie spontan einen Badminton-Schläger ausleihen, wenn dies passiert?

Doreen Kong

Ein Hobby-Badmintonspieler äußerte, dass es nun peinlich sei, zum Badminton einzuladen, da es ständig zu Witzen führe. Trotz der Kritik verteidigte die Bildungssekretärin Christine Choi die Lehrmaterialien.

Bildungsziele und öffentliche Meinung

Das Modul legt den Lehrern auch nahe, wie sie Schülern helfen könnten, mit sexuellen Fantasien und Impulsen umzugehen. Es umfasst Diskussionsthemen wie angemessene Kleidung und die Ablehnung von Sex vor der Ehe, um eine „gesunde Ausstrahlung“ zu fördern und „visuelle Reize“ zu vermeiden.

Für viele ist der Inhalt dieses Lehrmaterial ein Zeichen dafür, dass die Regierung junge Menschen nicht verstehe. So auch für Henry Chan, Vater eines 13-jährigen Mädchens und eines 10-jährigen Jungen.

Die Regierung von Hongkong hat immer den Kontakt (zu Jugendlichen) verloren. Sie machen sich lächerlich.

Henry Chan

Er teilt mit, dass seine Frau und er die sexuelle Aufklärung ihrer Kinder selbst in die Hand nehmen würden, da sie nicht auf Schulen und Regierung vertrauen.

Gute Ansätze, begraben unter einem Haufen „naja“

Dabei beinhaltet dieses Lehrmaterial auch einige wirklich gute Punkte. So wird erklärt, dass es einen Unterschied zwischen sexuellen Impulsen und Liebe gibt. Zudem wird betont, dass Sex nicht die einzige Art und Weise ist, Liebe auszudrücken und dass niemand in einer Beziehung der anderen Seite Sex schuldig ist – alles wichtig, alles richtig!

Auf der anderen Seite scheinen die Verfasser dieses Lehrmaterials nicht die Ironie ihrer Lage zu bemerken. Viele Teenager*innen seien sich nicht bewusst, dass es Verhütungsmittel gibt, mit denen sich ungewollte Schwangerschaften vermeiden lassen, heißt es darin etwa.

Ja dann sagt ihnen doch das! Wenn es jemanden gibt, der alle Jugendlichen erreichen kann, dann doch wohl ihr. Selbst wenn man es schaffen könnte, allen Jugendlichen beizubringen, auf Sex zu verzichten – viel einfacher wäre es, ihnen die Bedeutung von Safe Sex nahezulegen.

Aber das Ziel des Lehrmaterials ist es nun mal nicht, Jugendlichen einen gesunden Umgang mit ihrer Sexualität beizubringen. Stattdessen sollen Schüler*innen Wege vermittelt werden, sexuelle Fantasien und Impulse zu unterdrücken – weil das bekanntlich ja auch so gut funktioniert.

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Bild: © Vecteezy