Beginner Neues Album Final

Beginner: Der Testsieger rappt wieder

Die Neunziger waren musikalisch eine schwierige Zeit. Es waren Jahre, in denen Songs wie „Eins, zwei, Polizei“ von Mo-Do vier Wochen an der Spitze der deutschen Single-Charts standen. Ich denke, viel mehr muss man dazu nicht sagen. Außer vielleicht: ziemliche Fäule. Für alle, die mit dieser Musik nichts zu tun haben wollten, gab es zwei Alternativen. Die Tripper hörten Techno. Die Chiller Hip Hop. Das hier ist für die Chiller. Um genauer zu sein: Für die Natural Born Chillas.

Für die gibt es eine elektrisierende Nachricht. Die Beginner sind Back In Town. Absolut. Hamburg ist wieder auf der Karte. 2004 sagten sie mit der Single „Morgen Freeman“ tschüss. 2016 sagen sie mit „Ahnma“ moin. Und nach dem ersten Track lässt sich schon erahnen, was da auf uns zukommt. Sie meinen es ernst. Das ist kein Comeback. Das ist kein Abklatsch, kein letztes Hurra verarmter oder geldgeiler Säcke. Die Beginner waren nie weg. Man hat nur lange nichts gehört.

 

Die letzten Überlebenden der Alten Schule

 

Das unterscheidet sie vom Rest der Szene. Die Beginner sind die letzten Überlebenden der Alten Schule, der politischen und sozialkritischen Schule des deutschen Rap. Ihr erster Produzent, Matthias Arfmann, kam aus dem hochpolitisierten Punkrock-Milieu. Denyo chillte mit Antifas. Die ganze Stimmung der deutschen Hip-Hop-Szene war in den frühen Neunzigern links – die frühen Beginner-Tracks „K.E.I.N.E.“ und „Großdeutsche Haarrasur“ illustrieren das. Die Hakenkreuz-Fahnen, die 1994 regelmäßig bei Shows auf der Bühne zerfleddert wurden, sowieso.

Von alldem ist heute nicht mehr viel übrig. Stieber Twins, Cora E., Main Concept oder Advanced Chemistry. Sie alle sind schon lange weg vom Fenster. Politischen und sozialkritischen Hip-Hop gibt es in Deutschland nicht mehr. Die Kommerzialisierung hat ihn geschluckt. Heute dominieren die Spaß- und die Gangster-Rapper… Wären da nicht die Beginner. Und sie wissen das. Da ist er wieder, Eizi Eiz, der „Veteran von der Reeperbahn“. Sie wissen um das Erbe der Bewegung. Nicht umsonst heißt ihr am 26. August erscheinendes Album „Advanced Chemistry“. Eine Reminiszenz an die Anfänge. Ebenso wie Denyos Zitat des AC-Hits „Fremd im eigenen Land“. Die Richtung ist klar. Auch wenn von Sozialkritik auf dem ersten Track nichts zu hören ist. Da geht es erstmal um die Kommunikation des: Wir sind noch da.

 

Ausdruck des Lebensgefühls einer ganzen Generation

 

Sechs Jahre hat die Arbeit an dem Album mit Unterbrechungen gedauert. Wenn die Platte hält, was die Anspielungen versprechen, könnte sich das Warten gelohnt haben. Musikalisch und inhaltlich. 2004 gingen die drei mit den Worten „Keine Band, die so large ist wie wir, nicht die Ärzte, die Hosen, nicht die Fantastischen Vier. Wir sind wie Falco für die Österreicher, jeder einzelne von uns ist ein Grönemeyer.“ 2016 stellen sie das unter Beweis – sogar ganz unabhängig vom Album selbst.

Denn man sieht am Hype: Die Beginner sind nicht irgendeine Band. Derbste Band hin oder her. Sie sind Ausdruck des Lebensgefühls einer ganzen Generation. Sie waren für viele der erste Schritt zu einem eigenen Musikgeschmack. Sie stehen für Auflehnung. Für Underground. Für begeisterte Feuilletonisten. Für derbe Mucke. Bei Zehntausenden wecken sie Erinnerungen. Bei Zehntausenden wecken sie Hoffnungen. Meterhohe Erwartungen. Das ist nur bei den ganz Großen der Fall. Auf Facebook bleiben sie diesbezüglich gewohnt selbstironisch: „Wenn ihr wüsstet, dass wir die ganze Platte mit einer nepalesischen Percussion-Kombo eingespielt haben, und auf Latein rappen.“ Also: schon mal fleißig Latein pauken. Bis zum Album-Release sind es noch zwei Monate. Auf den Testsieger!

 

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Bildquelle:

Wikipedia / Tobias Klenze / CC-BY-SA 4.0

Wikipedia / kdrCC BY -SA 3.0