Ben Münchow im Interview

Dahoam beim Münchow Ben: Du, i hob di im Fernseher gseng

Wie eng sind deine Bände noch in die Heimat? Gibt es bei dir noch einen alten Freundeskreis und auch eine „Homecoming“-Kultur wie in „Nirgendwo“?

Ben reißt die Augen weit auf und beginnt zu strahlen. Oh ja, und wie! Ich habe einen alten Freundeskreis, der mir brutal viel bedeutet. Das sind wirklich meine besten Freunde und ich weiß auch, dass das Freundschaften fürs Leben sind. Wir stehen über unsere Gruppe „Tittmoninger Jungs“ ständig in Kontakt. Da fühle ich mich wirklich geehrt, dass ich in diesen erlauchten Kreis aufgenommen wurde. Gerade weil ich ja nicht ursprünglich von hier komme, sondern zugezogen bin.

Und Bens Stolz über diese Adelung scheint tatsächlich riesig zu sein. So trägt er häufig seinen Pulli mit der Aufschrift „Tittmoninger Jungs“. Sogar tagsüber während des Promo-Programms am Premieren-Tag von „Nirgendwo“ in Berlin. 

Wie sieht eure gemeinsame Zeit aus, wenn ihr mal wieder beisammen seid?

Wenn wir uns daheim sehen, ist es echt wie früher. Mein Kumpel Andi wohnt hier in der Burg. Da hängen wir sehr oft ab. Wir sitzen zusammen, trinken, quatschen. Oder wir fahren gemeinsam in den Urlaub. Nach Kroatien zum Beispiel und haben eine gute Zeit. Aber am schönsten sind, ehrlich gesagt, unsere gemeinsamen Kater-Tage. Wenn wir gemeinsam rumliegen. Jeder einen Liter Spezi vor sich stehen hat. Und wir einfach viel Quatsch reden und lachen. Dann am besten noch gemeinsam in die Wirtschaft gehen und Camembert oder so essen.

Die Clique aus „Nirgendwo“ könnte, so wie sie dargestellt wird, auch aus einem vergleichbaren Nest im beschaulichen Oberbayern kommen. Erkennst du Parallelen zu deinem eigenen Erwachsenwerden?

Das ist der Grund, warum ich diesen Film so sehr feiere. Das ist mehr oder weniger meine eigene Geschichte. Natürlich nicht allein meine Rolle als „Tom“, der als Automechaniker eigentlich gar nicht aus seinem Dorf wegmöchte. Vielmehr sehe ich sehr viel von mir in allen sechs Charakteren. Auch meine Jugend wurde wie bei „Kirsten“ (gespielt von Amelie Kiefer) durch einen schweren Schicksalsschlag geprägt, als meine beste Freundin starb. Ich habe irgendwie auch was von „Rob“ (Der Partyboy der Clique, gespielt von Dennis Mojen). Und auch einen Teil von „Susu“ (gespielt von Saskia Rosendahl) erkenne ich bei mir wieder. Ich habe schon auch eine romantische Ader.

Ben, Dennis Mojen, Regisseur Matthias Starte und Frederik Götz (v.l.) am Set von „Nirgendwo“. Foto: Max Seibert

Du bist dieses Jahr mit dem renommierten Max-Ophüls-Preis ausgezeichnet worden, Filmkritiker feiern dich für deine Rollen. Du giltst als sehr hoffnungsvoller Nachwuchsschauspieler. Wie viel Bürde spürst du darüber? Du bist 26.

Puh, wenn du das so sagst, bekomme ich Gänsehaut. Vielen Dank für diese Worte. Ich glaube, mir ist das alles, was da um mich passiert, gar nicht so bewusst. Also klar merkt man, dass etwas passiert. Ich bin einfach sehr froh, das machen zu dürfen, was ich mache. Rollen spielen zu dürfen, die mir Spaß machen. Die ich mega interessant finde. Aber ich bin hungrig und will noch viel mehr ausprobieren. Und dafür bezahlt zu werden, damit mein Geld zu verdienen. Das freut mich so sehr und macht mich so demütig. Es gibt so unfassbar viele arbeitslose Schauspieler.

Aber über deinen zunehmenden Erfolg wächst bestimmt auch die Erwartungshaltung an dich. Du stehst plötzlich viel mehr im Fokus. Wie gehst du mit diesem Druck um?

Ich versuche, den negativen Druck gar nicht erst so sehr an mich heranzulassen. Aber klar: Jeder weiß, was für ein Business die Schauspielerei ist. Es gibt wahrscheinlich kaum einen Bereich, in dem die Leute so anfällig für Depressionen sind. Ich meine das ernst. Die Höhen und die Tiefen sind teilweise so extrem und so nah beieinander. Das muss man sich schon bewusst machen.

Hat sich darüber für dich daheim in Tittmoning viel verändert in der letzten Zeit?

Ach, überhaupt nicht. Hier hat sich nicht viel für mich verändert. Ich bin immer noch einfach der Ben. Die Leute sprechen mich schon hin und wieder auf meine Arbeit an. Aber auf eine sehr schöne, sehr natürliche Art und Weise. Hier bin ich halt schon seit längerer Zeit der Schauspieler-Ben. Da heißt es dann vielleicht mal zum Beispiel von den Jungs: ‚Ben, i hob die neilich im Fernsehn gseng.‘ Aber häufig heißt es gleich darauf: ‚Geh ma noch a Bier dringa?‘

Es ist unterhaltsam mit dem Ben dessen Heimat zu erkunden. Wir sind mittlerweile im nah gelegenen Burghausen angekommen. An jeder Ecke machen wir Halt, weil Ben alte Bekannte trifft. Jeder Altersklasse. Besonders lustig ist es, wie er sofort in diesen Gesprächen ins Bayerische fällt. Spricht er doch sonst so astreines Hochdeutsch, wahrscheinlich auch geprägt durch seine Wahl-Heimat Hamburg. 

Wie viele Leute haben sich plötzlich gemeldet, die du seit Jahren nicht mehr gesprochen hast oder mit denen du nie viel zu tun hattest?

Ja das passiert. Es haben sich immer wieder Leute gemeldet, mir geschrieben. Aber meistens war auch das total schön, weil ich viele davon ja eine lange Zeit nicht gesehen oder von ihnen gehört habe. Da hieß es dann zum Beispiel: ‚Früher, als du meintest, dass du Schauspieler werden willst, dass du in Kinofilmen mitspielen möchtest, habe ich dich nicht ernst genommen und dir das nicht zugetraut.‘ Und dann gratulieren sie. Das ist meist sehr aufrichtig, ehrlich und sympathisch.

Ben (Mitte) albert mit Frederik Götz (l.), Dennis Mojen und Matthias Starte herum. Foto: Max Seibert

Deine Freunde beschreiben dich als enorm bodenständigen Menschen, der immer weiß, wo er herkommt. Wie behältst du dir das bei in einer Berufswelt, die seine Shootingstars bei all den Süßigkeiten, die an den Bäumen hängen, ja geradezu zum Abdrehen verführt?

Ich wollte schon immer auf keinen Fall jemand sein, der so abdreht. Mich hat das schon immer abgeschreckt. Ich habe auch in meinem Schauspieler-Freundeskreis viele Leute um mich, die da genauso drauf sind. Jella Haase zum Beispiel, die ja auch in „Nirgendwo“ mitspielt, ist so jemand. Oder David Kross, mit dem ich „Boy 7“ gedreht habe. Ey ja, vor allem David. Der hat in einem Oscar-nominierten Film („The Reader“, Anm. d. Red.) mitgespielt. Und als ich den kennengelernt habe, dachte ich mir nach unserem ersten Gespräch, dass ich mir ihm gegenüber schon fast arrogant vorkomme. Ben lacht kurz laut auf. Ich habe auch etwas arrogantere Freunde, die ich für ihren Habitus irgendwie auch liebe, aber ich bin da nicht so der Typ dafür. Hoffe ich.

Dir ist es nie zu Kopf gestiegen?

Nach meinem ersten Film „Rock it“, hatte ich eine Phase, in der ich ein bisschen abgedreht bin. Da bin ich nach Hamburg gekommen und dachte, mir kommt jetzt alles zugeflogen. Dem war aber ganz und gar nicht so. Ich habe dann ein paar ganz normale Mini-Jobs gemacht, um Geld zu verdienen, meine Freundin hat mich verlassen und das hat mich ziemlich gut auf den Boden zurückgebracht.

Wirst du irgendwann wieder nach Tittmoning zurückziehen?

Ich würde das gerne irgendwann machen, ja. Aber das kann ich so jetzt noch nicht sagen. Ich muss mir das erst leisten können. Schön wäre es, irgendwann teils in Tittmoning, teils in Hamburg leben zu können. Und nicht zuletzt wäre das ja auch eine Entscheidung, die ich mit der Frau an meiner Seite gemeinsam fällen müsste.

Wenn man ihn über das Wochenende so beobachtet in seiner Heimat, stellt man schon fest: Er würde schon nach wie vor ganz gut reinpassen in sein Tittmoning.

 

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Titelbild: Elena Zaucke