BILD-Doku: Ein Männerzirkel, der sich beklatscht

„BILD.Macht.Deutschland?“ ist der Titel der siebenteiligen Serie auf Amazon Prime. BILD wird als Imperium dargestellt, die alles, wirklich alles, zuerst wissen sollen. Das unterstreichen die Mitarbeiter*innen im Interview. Die Protagonist*innen, die meisten davon Männer, sind durchgängig am Smartphone, dauernd unter Strom und chatten mit Informant*innen. Die BILD-Zeitung soll ihre Leute überall haben.  

Zu viel Nähe?

Chef Reichelt schimpft in einer Redaktionssitzung aufgebracht darüber, dass es zu jeder Zeit klar sein sollte, von wo und an was die 500 Reporter*innen der Zeitung arbeiten. Diese laute Ansage Reichelts ist eine Einstimmung auf die kommenden 350 Minuten der Doku. Von überall, immer und jederzeit werden Informationen aus der Zentrale eingefordert. Vize-Chef Paul Ronzheimer z.B. berichtet aus dem Krieg in der Ukraine. Distanzlos und gut vernetzt. Er geht mitten hinein in die Gefahr. „I don’t think you should be touching the gun, Paul“, wird ihm gesagt, als er von einem Einsatz berichtet. Ziemlich bezeichnend für die Arbeit der BILD, wie man sie in der Dokumentation sieht. Die Nähe zum Geschehen wird zu nah. Irgendwann scheint es, als würde jegliche Distanz zum Thema fehlen. Manche wollen wirklich etwas bewirken, die Politik beeinflussen oder wie Ronzheimer, in einer anderen Szene, die Situation der Geflüchteten in Moria sichtbarer machen.  

Bild-Live: Moderatorin im Gespräch mit einem Außenreporter

Es gibt gute Aspekte, immer. Aber die Art und Weise wie hier berichtet wird, macht mich stutzig. Die Wahrheit zu zeigen, das könnte die BILD-Zeitung. Sie haben die Kapazität, diese betonen sie ja auch durchweg. Allerdings setzen sie den Fokus nicht auf die reine Wahrheit, sondern stärker als in jeder anderen Zeitung, auf Schlagzeilen. Mediale Aufmerksamkeit, Diskussionen, Shit-Storms, egal um welchen Preis. Eine Reporterin wird mitten im Corona-Ausbruch nach Heidelberg geschickt. Plötzlich bekommt sie einen Augeninfekt, ein Corona-Symptom. Statt abzurücken, meint ihre Chefin, sie solle bleiben, es gebe bestimmt mehr Stories. Nachdem Sido in einem Interview Verschwörungstheorien aufzählt, wird er vor seinem Haus von einer jungen BILD-Reporterin aufgelauert und gefilmt. Dieser flippt aus. Als der Vorfall intern besprochen wird, kokettiert Reichelt nur im Vorbeigehen, Sido sei eben ein Assi und die Reaktion, das Beste, was BILD passieren kann.