Unterwegs auf der Bread&Butter – Fashion fürs Fußvolk?
„Hier hat man den Kapitalismus verstanden“
Auch sonst wirkt das Konzept der Messe recht diffus und unwirklich. Bei der Akkulade-Station stehen Männer auf dem Dach eines Trucks und checken die Lage. An manchen Ständen werden Anzüge im Umfeld eines Urwaldes aus Farnen ausgestellt, bei Levis erwartet man dagegen vor lauter Fransen-Jacken, dass gleich der „Los Wochos“-Mann mit Sombrero um die Ecke kommt. Bei einer anderen bekannten Jeans-Marke hält eine Frau in Glücksrad-Manier permanent ein großes „L“ in die Luft, während vor ihr traurig zwei verlassene „E“s stehen. Am skurrilsten wird es jedoch bei Nike. Hier prangt in Capslock die Aufforderung „COME TRAIN WITH US“ über dem Stand. Ich denke: Nein.
Anderen scheint es nicht so zu gehen. In einer unwirklichen Szenerie schwingen sich circa zwanzig Körper im Rhythmus zu pumpenden DJ-Beats in Trainingsuniformen durch eine Choreografie. Ich frage einen „Staff“-Menschen, ob hier Leni Riefenstahl als Inspirationsquelle diente. Er sieht mich an, als hätte ich gerade vor ihm einen 99 Cent-Hähnchenschenkel von Aldi gegessen.
Letzteres gibt es hier natürlich nicht. Bei den Imbissständen, die hier „Food Markets“ genannt werden, reiht sich neben bekannten Namen wie Dandy Diner ein Foodtrend an den nächsten. Der Stand, welcher der namensgebenden Butterstulle wohl am nächsten kommt: Der „Avocado Superfood Toast“. Antioxidantisch, entgiftend, reich an Vitamin A und unglaublich wichtigen Fetten, fühle ich mich praktisch schon fitter, gesünder und schlicht besser wenn ich das Menü nur lese. In Kombination mit der angepriesenen „Homemade Lemonade“ für 3,50 Euro ist körperlicher Verfall scheinbar gar keine Option mehr. Vor meinen Augen gießt die freundliche Bedienung 0,39 l Mineralwasser aus der Flasche in einen 0,4 l Plastikbecher und garniert das Ganze mit etwas ausgepresster Zitrone und einer Zitronenscheibe. Ich schwanke zwischen Amüsement, Ungläubigkeit und Anerkennung. Hier hat man den Kapitalismus verstanden, alle Achtung.
