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Cancel Culture: Wer hat recht?

In der jüngeren Vergangenheit sind auch immer wieder literarische Texte zur Zielscheibe der Cancel Culture geworden, darunter Klassiker wie „Pippi Langstrumpf“. Während das Werk rund um das stärkste Mädchen der Welt früher als „emanzipiert“ galt, ist sie heute in den Augen mancher Betrachter*innen „kolonialistisch“. Die Überlegung: Sollten literarische Texte eine Triggerwarnung erhalten oder sogar auf die heutigen Bedürfnisse angepasst werden?

Genau in diesem Punkt liegt eine Diskrepanz. Während Verfechter der Cancel Culture und politisch korrekter Sprache in ihrem Vorhaben eine entscheidende Tätigkeit im Rahmen der Demokratie sehen, werfen Oppositionelle Zensur vor. So wird sich auch auf Artikel 5 der Grundrechte berufen.

  • Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. 
  • Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. 
  • Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. 

Fall in der New York Times polarisiert

„Das (die Cancel Culture, Anm. d. Red.) ist mit der Zeit immer ideologischer, politischer und separatistischer geworden“, so Ackermann.

Anhand eines prominenten Falles aus den USA verdeutlicht die Professorin ihren Standpunkt. Protagonist ist Donald McNeil, der nach 45 Jahren seinen Job bei der New York Times verlor. Er kam viel rum, war unter anderem als Korrespondent, Reporter für Umweltthemen und als Theaterkritiker tätig. Zuletzt war er mit der Berichterstattung über Corona beschäftigt. Er galt als ein Mann der Wissenschaft und versuchte, Zusammenhänge rational darzustellen. 2019 wurde ihm eine Studienreise zum Verhängnis, bei der er in einem Gespräch mit Schüler*innen das N-Wort verwendet haben soll, so „The Daily Beast“. Er habe das Wort jedoch nicht als Schimpfwort missbraucht, sondern diskutierte mit Student*innen über Rassismus und nannte es in diesem Kontext. 150 Mitarbeiter*innen verfassten ohne diesen Kontext einen Protestbrief und erreichten, dass McNeil schlussendlich gefeuert wurde.

„In der New York Times tobt dieser Kulturkampf schon seit langem. Die kulturalistische Linke hat da ganz klar die Macht übernommen“, sagt Ackermann.

„Daran sieht man, dass diese Cancel Culture völlig maßlos geworden ist. Sie ist angetrieben von einem Säuberungswahn, wie wir ihn von Hitler kennen, wie wir ihn von Stalin kennen.“

Proessorin Ulrike Ackermann