Fashion Cornrows

Cultural Appropriation: Das Problem mit „Fashion Cornrows“

Von Caroline Whiteley

Eine gute Freundin von mir, die hellhäutig ist (nennen wir sie mal Jasmin), hat sich vor Kurzem Cornrows machen lassen. Ihre neuen Haare erhielten auf ihrem neuen Facebook-Profilbild nach wenigen Stunden über siebzig Likes, sowie massenhaft Komplimente im echten Leben. Ich habe das Bild weder geliked noch darunter kritisch kommentiert, sondern mich aus dieser Sache rausgehalten, da ich Facebook nicht für den richtigen Ort hielt, mein Problem mit hellhäutigen, privilegierten Menschen, die sich Cornrows flechten lassen, auszudisktutieren. Vielleicht sollte ich erstmal erklären, warum ich überhaupt ein Problem damit habe, beziehungsweise woher mein ungutes Gefühl darüber kommt, Cornrows als “coole, verrückte” Modefrisur im Internet und in der echten Welt an sich selbst zu präsentieren.

Mir erschienen Kommentare auf Jasmins Facebook-Profilbild wie “süße Haare”, oder “Krass!”, als schwierig. Der Gedanke, dass es süß, alternativ oder sogar radikal sei, wenn Deutsche einen afrikanischen Haarstil adaptieren, ist nämlich problematisch, da diese die Haare – wie es Jasmin auch nach ein paar Wochen tat – wann immer sie wollen wieder glatt tragen können. Sie müssen sich nicht, wie meine dunkelhäutigen Freundinnen, mit Idioten herumschlagen, die einem ständig fasziniert in die Haare fassen, oder sich Komplimente wie “exotisch” über ihr Aussehen anhören. Dunkelhäutige Menschen mit Cornrows werden im schlimmsten Fall nicht als “alternativ” oder “cool” gesehen, sondern als “gefährlich” und “militant”. Mit Sicherheit meinte Jasmin es nur gut, sicherlich waren ihre Intentionen nicht böse und ich möchte auf keinen Fall implizieren, dass Jasmin sich Cornrows als ironisches Statement hat machen lassen. Bestimmt findet sie Cornows schön, doch Jasmin hat Privilegien, über die es wichtig ist nachzudenken, bevor man sich diesen Haarstil aneignet.

Kulturelle Aneignung als kommerzieller Zweck

 

Die “Hunger Games” Schauspielerin Amalanda Stenberg postete noch während ihrer Schulzeit ein bahnbrechendes und aufklärendes Video über “Cultural Appropriation” im Internet, welches leider in den deutschen Onlinemedien fast komplett ignoriert undiskutiert geblieben ist. In dem Video zeigt sie beispielsweise auf, wie weiße Popstars wie Katy Perry, Miley Cyrus, Madonna und viele mehr die ihnen fremde Kulturen für kommerzielle Zwecke ausnutzen. Außerdem kritisiert sie, dass schwarze Menschen selbst immer noch nicht vollständig akzeptiert werden. In den USA hat das Video eine nationale Diskussion über “Cultural Appropriation” ausgelöst, in Deutschland gibt es noch nicht mal ein Wort für dieses Phänomen.

Kulturelle Aneignung – so Stenberg – passiert, wenn Symbole aus der afrikanischen Kultur wie Cornrows nicht nur übernommen, sondern für kommerzielle Zwecke missbraucht werden, während dunkelhäutige Menschen noch immer diskriminiert werden. Stenberg erklärt auch wie afro-amerikanische Musik wie HipHop und RnB in den 2000ern immer beliebter im Mainstream Pop wurde, sodass auch Cornrows, die mit diesen Genres assoziiert werden, von weißen Stars und der Modeindustrie adaptiert wurden. Cornrows wurden ausgenutzt, um “edgy”/ “alternativ”/ oder “radikal” auszusehen und Aufmerksamkeit zu bekommen.

Zwischen Stereotypisierung und kultureller Bewunderung

 

Die Grenze zwischen kultureller Aneignung und kultureller Bewunderung ist kompliziert. Kulturelle Aneignung entsteht, wenn ein Stil missbraucht wird und somit zu Stereotypischen Verallgemeinerungen über die Kultur, aus dem der Stil stammt, führt. Und wenn derjenige, der den Stil adaptiert, sich nicht über die wahre Bedeutung bewusst ist, und es nur tut, um cool auszusehen. Wobei wir wieder bei Jasmins Facebook-Bild mit den Cornrows und dazugehörigen Kommentaren wie “Thug Life” ankommen. Als Weiße sind wir verpflichtet, uns über unsere Privilegien bewusst zu sein und nicht blind Symbole, Codes oder Frisuren zu übernehmen, ohne uns gründlich über den historischen Kontext dieser Dinge zu informieren. Und es gibt viele nützliche Ressourcen, um sensibler zu sein und mehr über das Thema zu lernen. Die Website “Everyday Feminism” postete vor Kurzem einen Artikel der erläutert, welche kulturell aneignende Outfits nicht okay sind (z.B. der Kopfschmuck amerikanischer Ureinwohner oder Bindis auf Festivals oder Open Airs).

Wenn man wie Jasmin, oder wie ich selbst, Hip Hop wertschätzt und würdigen möchte, gibt es andere und wichtigere Wege, dies auszudrücken als Cornrows zu tragen. Wir müssen über Intersektionalität – den Schnittpunkten von Rasse, Klasse und Geschlecht – und über die Art und Weise, wie einige von uns aus dem System, in dem wir leben, profitieren, kritisch nachdenken und miteinander darüber sprechen. Und wir müssen lernen, wie wir einander stärken und befreien können, ohne zur Unterdrückung oder Ausnutzung von anderen beizutragen.

 

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Bildquelle: Instagram/ Miley Cyrus