Die „Fettecke“ von Joseph Beuys

Joseph Beuys trat gegen die kommerzielle Glitzerwelt an und war für eine moderne, abscheuliche Kunst bekannt. Seine Werke wurden von vielen als Kunstmüll bezeichnet, doch trotzdem gilt Beuys als einer der einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts.

Kunst für alle
In den 1980ern sorgte der Deutsche für viel Aufregung in der Kunstwelt. Zusammen mit Künstlern wie Andy Warhol brachen sie die altmodische, elitäre Idee von Kunst und machten sie für die Allgemeinheit zugänglich. Nach Beuys besaßen alle Menschen die Fähigkeit Künstler zu sein. Als er an der Kunstakademie Düsseldorf Lehrer einer Klasse wurde, nahm er alle Studenten an, die sich bei ihm bewarben. Obwohl die Akademie sonst nur 10 Plätze vergab, standen im Sekretariat plötzlich, zusammen mit Beuys, fast 400 Studenten und verlangten eine Immatrikulation. Ein Skandal, der ihm sein Arbeitsplatz kostete.

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Vorgeschichte
Während des Zweiten Weltkriegs war Beuys bei der Luftwaffe. 1944 überlebte er einen Flugzeugabsturz in der Ukraine. Dieser Unfall hinterließ sichtbare und unsichtbare Narben: Beuys erzählte einige Jahre später, wie er von den nomadischen Krimtataren nach dem Absturz gerettet wurde. Sie hätten seinen verletzten Körper mit tierischem Fett eingerieben und ihn so warm gehalten. Bis heute gilt diese Geschichte als Mythos – offizielle Aufzeichnungen seines Unfalls bestätigen seine Version nicht. Tataren gab es laut Berichten in der Gegend keine.

Nach jahrelangem Kampf mit seiner durch den Krieg instabilen Psyche, fand Beuys den Weg in die Kunstwelt und besuchte die Kunstakademie in Düsseldorf, wo ihm schnell klar wurde, dass er ein weniger elitäres Verständnis von Kunst hatte. Beuys Credo lautete: „Ein Künstler sollte nicht im Atelier eingesperrt bleiben, sondern rausgehen und die Gesellschaft mitgestalten. Und… er behielt seine Faszination für das Material Fett.

Von der Aktionskunst bis zur Fettecke
In den 1960ern begann er Aktionskunst zu machen, mit Werken wie „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ oder später, in den 1980ern, „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“, wo Beuys 7000 Eichen in Düsseldorf pflanzen ließ. Das hat sich wohl der Youtuber Mr. Beast bei ihm abgeschaut. Auch sein „Stuhl mit Fett“ wurde schon 1958 prominent.

Aber sein bekanntestes Werk bleibt bis heute: Die Fettecke. Beuys stellte 1982 Fett in eine Ecke seines Kunstraumes in der Kunstakademie Düsseldorf und ließ sie vor sich hinschmelzen und verranzen. Jahrelang. Zur Bekanntheit des Werkes trug nämlich auch sein Ende bei. Nachdem Beuys 1986 starb, passierte einem Hausmeister wohl ein Versehen: Er entfernte das Fett neun Monate nach Beuys Tod. Die Überreste der zerstörten Fettecke fand der Künstler Johannes Stüttgen in einem Abfalleimer und machte sie wiederum zu einem neuen Kunstwerk: „Reste einer staatlich zerstörten Fettecke“.

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Bildquelle: fox-and-fern via Flickr / Link zur Original / CC Lizenz