Wer hat an der Uhr gedreht? Die Geschichte der Zeitumstellung
Der*die Ein oder Andere von euch wird heute Morgen sicher nicht so leicht aus dem Bett gekommen sein. Schuld daran ist vermutlich die halbjährliche Zeitumstellung. Jeweils im Frühling und im Herbst wird die Uhr in Europa um eine Stunde vor- oder zurückgedreht. Aber warum überhaupt? Wir gehen der Sache auf den Grund.
Wie kam es zur ersten Zeitumstellung?
Die erste deutsche Zeitumstellung gab es im Jahr 1916: Zur Senkung der Staatsausgaben, die durch den Kauf von Kriegswaffen und anderen Materialien in die Höhe getrieben wurden, sollte mit der Umstellung auf spätabendliche Beleuchtung verzichtet und somit Energie gespart werden. Bei den Bürger*innen kam diese Maßnahme jedoch nicht sonderlich gut an, weshalb sie nur drei Jahre später wieder rückgängig gemacht wurde. Dabei blieb es allerdings nicht: Auch im zweiten Weltkrieg kam es erneut zur Einführung der Sommerzeit. Im Mai und Juni 1947 gab es sogar eine sogenannte „doppelte Sommerzeit“ oder auch „Hochsommerzeit“, bei der die Uhren ganze zwei Stunden vorgestellt wurden, um das Tageslicht maximal auszunutzen. Nach der Teilung Deutschlands im Jahr 1949 einigten sich BRD und DDR darauf, die Zeitumstellung vorerst wieder abzuschaffen. Auch andere europäische Länder taten es ihnen gleich. In den 1970er Jahren entschied sich Frankreich im Zuge der Ölpreiskrise allerdings dazu, die Uhren wieder umzustellen. Erstmals kam unter den Regierungschefs der Wunsch auf, in Europa eine einheitliche Regelung durchzusetzen. Da viele weitere Staaten ebenfalls zur Zeitumstellung zurückkehrten, sahen sich auch die beiden Teile Deutschlands gezwungen, mitzuziehen. Im Jahr 1980 wurde die Sommerzeit per Verordnung sowohl in der DDR als auch in der BRD eingeführt, seit 1996 gilt sie offiziell in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
Sollte die Zeitumstellung nicht abgeschafft werden?
Ja, da erinnert ihr euch richtig: Tatsächlich wird seit einigen Jahren, genauer gesagt seit 2018, über die Abschaffung der Zeitumstellung diskutiert. Parallel zu dieser Debatte wurden im Sommer 2018 alle 500 Millionen Einwohner*innen der Europäischen Union zu ihren persönlichen Erfahrungen mit der Maßnahme befragt – es beteiligten sich 4,6 Millionen, was für eine öffentliche Befragung einen neuen Rekord darstellte. 84% der Teilnehmenden plädierten für eine Abschaffung der Umstellung, ein Großteil präferierte zudem eine Beibehaltung der Sommerzeit. Am 26. März 2019 wurde im EU-Parlament über das Ende der Sommer- und Winterzeit abgestimmt. Mehr als zwei Drittel der Abgeordneten sprachen sich für eine Abschaffung aus und legten das Jahr 2021 als Zeitpunkt der letzten Umstellung fest. Die Entscheidung, ob man zur Sommer- oder Winterzeit wechseln wolle, sei jedem einzelnen Land freigestellt. Seit diesem Beschluss ist es allerdings still geworden um die Verhandlungen zur Zeitumstellung: Nach Aussage verschiedener EU-Diplomat*innen sei das Thema in den letzten Monaten nicht mehr groß diskutiert und zu Gunsten wichtigerer Anliegen zurückgestellt worden. Ein Grund dafür ist wohl, dass es unter den europäischen Staaten keine einheitliche Meinung gibt, ob eine dauerhafte Etablierung von Sommer- oder Winterzeit angestrebt werden soll. Beide Varianten würden in Teilen des Kontinents für Nachteile sorgen: So würde bei einer durchgehenden Sommerzeit die Sonne in einigen spanischen Städten erst nach 10 Uhr morgens aufgehen, bei einer durchgehenden Winterzeit allerdings in Berlin oder Warschau schon zwischen drei und vier Uhr nachts. Neben einer Durchsetzung der Umstellung müsste daher auch über eine Neuaufstellung der Zeitzonen nachgedacht werden, was laut Expert*innen mit großer Verwirrung und unnötigen Komplikationen einhergehen würde.