Selbstversuch: 30 Tage Digital Detox
Eine Studie der deutschen Postbank besagt, dass deutsche Jugendliche durchschnittlich (!) 58 Stunden in der Woche online sind. Anders gesagt sind das 126 Tage pro Jahr oder, falls es so weitergeht, fast 25 Jahre auf das gesamte Leben gerechnet. Und das, obwohl die Statistik von 2019 ist, einer Zeit vor Corona und digitaler Not-Transformation.
Wer ist das Werkzeug?
Auch ich bekenne mich schuldig. Vergangenen Herbst betrug meine Bildschirmzeit rund neun Stunden pro Tag. Es ist aber nicht die schiere Masse, die mich erschreckt hat, sondern vielmehr das „Wie“ und „Warum“. Ja, ich verbrachte einige Stunden mit Online-Vorlesungen oder Projektarbeiten für die Uni. Aber der Rest? Das war doch nur ein bisschen Instagram, ein bisschen YouTube, ein bisschen Netflix, ein bisschen Snapchat, ein bisschen WhatsApp… Zugegeben, das sind ein paar viele „bisschen“, die sich am Ende eben auch summieren.
Wie es der Zufall wollte, fand ich zu dieser Zeit in der hintersten Ecke meines Zimmers ein altes Schulheft aus der achten Klasse. Es ging darum zu argumentieren, warum ich soziale Netzwerke nutze (damals waren es Facebook und WhatsApp). Ich schrieb Stichpunkte wie „Ich kann mit Freunden auch über große Distanz in Kontakt bleiben“, oder „Es ist ein einfacher Weg sich zu verabreden.“ Was auf den ersten Blick vielleicht trivial klingen mag, führte mich zu einer wichtigen Erkenntnis. In der achten Klasse waren soziale Medien für mich ein Werkzeug, dass ich nutzte, um meine sozialen Kontakte in der echten Welt zu pflegen. Es war die Antwort auf das „Warum“.
Ich stellte mir genau die gleiche Frage noch einmal, sechs Jahre später. Ja, die Argumente waren noch die gleichen, die Bildschirmzeit aber war explodiert. Musste ich wirklich wissen, was der Bruder eines Freundes meines Cousins in seiner Freizeit machte? Musste ich wirklich all diese dummen Flammen auf Snapchat über Jahre pflegen? Und warum schaute ich mir eigentlich die ganze Zeit Katzen-Videos auf YouTube an, wenn ich doch selbst zwei kleine Tiger zu Hause hatte? Ob ich es wollte oder nicht, führte mich alles zu einer Frage: Wer kontrollierte wen? Waren die sozialen Medien wirklich noch mein Werkzeug? Oder war ich ihr Opfer, das sich (mehr oder wenig) freiwillig hunderte Werbeanzeigen pro Tag ansah, nur um auf das nächste Katzen-Video zu klicken?