Du willst was ändern? Diese Vereine kämpfen gegen Rassismus

Amadeu Antonio Stiftung

Robert Lüdecke ist der Pressesprecher der Amadeu Antonio Stiftung. Er und seine Kolleg*innen setzen sich gegen rechtsextreme Gewalt ein und für den Schutz der Menschenrechte, gleich welcher Herkunft. Der Name der Stiftung geht auf Amadeu Antonio zurück, einen angolanischen Vertragsarbeiter, der kurz nach der Wiedervereinigung im Brandenburgischen Eberswalde von Rechtsextremen ermordet wurde.

Wie und warum ist eure Stiftung entstanden? Gibt es eine Philosophie?

Robert Lüdecke: „Die Amadeu Antonio Stiftung wurde 1998 gegründet, also bevor das Problem Rechtsextremismus als Tatsache überhaupt gesellschaftlich anerkannt war. Bis dahin war Verharmlosen und Kleinreden an der Tagesordnung. Diejenigen, die sich dagegen stark machten, waren allein auf weiter Flur, ohne politische und finanzielle Unterstützung. Und viel zu oft wurden die, die etwas gegen die Nazis sagten, sogar selbst zum Problem erklärt, weil sie angeblich den Ruf der Stadt schädigen oder ein kleines Problem aufbauschen würden. Im Deutschland der 1990er Jahre gab es wenig Unterstützung für Menschen, die sich Rechtsextremismus und Rassismus entgegenstellten. Für die Opfer rechtsextremer Gewalt oder ihre Angehörigen gab es gar keine. Und das wollte und will die Stiftung bis heute ändern.“

Welche Projekte fördert ihr?

„Wir fördern Projekte und Initiativen, die sich für eine demokratische Zivilgesellschaft engagieren. Das meint die vielen Engagierten, die für Minderheitenschutz und die Menschenrechte eintreten und die sich aktiv gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus einsetzen. Vor allem auch im ländlichen Bereich, denn dort fehlt es häufig an Unterstützung, nicht nur finanziell, sondern es mangelt auch an Rückendeckung. Dabei leisten gerade dort viele Menschen wichtige Arbeit. Ein tolles Projekt ist „Biberbrunnen – worüber wir nicht gesprochen haben“. In dem niedersächsischen Städtchen Beverstedt versammelten sich vor 20 Jahren am Ortswahrzeichen, dem Biberbrunnen, regelmäßig Nazis und verbreiteten Gewalt und Angst. In dem Projekt geht es darum, dieses Kapitel Stadtgeschichte aufzuarbeiten und eine Debatte anzustoßen über die Vereinnahmung des ländlichen Raums durch Rechtsextreme, wie es sie an viele anderen Ort auch heute noch gibt. Dazu wurden Archive durchforstet, Zeitzeug*innen interviewt und am Ende ist ein dokumentarisches Live-Hörspiel entstanden, das am Brunnen aufgeführt wurde – und plötzlich fingen die Leute an zu reden über diese Zeit. „

Was können Menschen, die unter Rassismus leiden, bei euch mitnehmen und was können weiße Menschen bei euch oder in den Projekten, die ihr unterstützt, lernen?

„Empowerment ist für uns ein wichtiges Thema, das wir auch ganz praktisch erproben vor allem bei ju:an, unserer Praxisstelle für rassismus- und antisemitismuskritische Jugendarbeit. Hier arbeiten wir mit Jugendlichen und Pädagog*innen zusammen, um einerseits für den Umgang mit Diskriminierung in der Jugendarbeit zu sensibilisieren und anderseits von Rassismus und Antisemitismus Betroffene zu stärken. Zum Beispiel beim „Hotspot of Power“ in Hannover, ein geschützter Ort, bei dem junge Schwarze Menschen und People of Color zusammenkommen um sich auszutauschen, zu vernetzen und gegenseitig zu stärken. Im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten unterstützen wir besonders Projekte, die von Betroffenen selbst ins Leben gerufen werden, wo sie sich selbst organisieren und ihre Forderungen entwickeln können.

Weiße können sich bei uns zum Thema Rassismus informieren und werden vor allem auch dazu angehalten, gegen rassistische Hasskriminalität und Hate Speech einzustehen, online und offline gegen rassistische Parolen gegenzuhalten und Betroffene zu unterstützen. Dazu geben wir praktische Hilfestellungen heraus und organisieren Workshops.“

Wie kann man euch unterstützen oder mitmachen?

„Eine lebendige Zivilgesellschaftlich lebt vom Mitmachen und Einmischen von jeder und jedem von uns! Wir haben viele Materialien, die über Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus aufklären und Handwerkszeug für den Umgang liefern. Wenn viele Menschen das lesen und wir sie damit befähigen können, dass sie für eine demokratische Kultur vor Ort einstehen können, ist das schon die halbe Miete. Wenn immer mehr Leute einstehen für unsere Demokratie und gegen alles, was sie bedroht, dann sind das viele kleine Erfolge mit großer Wirkung. Außerdem freuen wir uns natürlich immer über Spenden, die wir wiederum weitergeben können. Viele Initiativen und Projekte, die sich lokal engagieren, arbeiten ehrenamtlich und zahlen viel aus der eigenen Tasche. Diese wichtige Arbeit kann oft schon mit kleinen Mitteln ganz groß gemacht werden.“