Mag er sie mehr als mich? Eifersucht in Freundschaften
Ein ungutes Gefühl beschleicht mich, sobald dieser eine Name fällt: Eifersucht. Was einige nur als Beziehungsphänomen kennen, ist anderen auch aus Freundschaften allzu vertraut.
„Ich treffe mich heute Abend noch mit Sophie“, schreibt mir ein guter Freund als Begründung dafür, warum er später keine Zeit hat. Sofort spüre ich, wie seine Nachricht mir einen kleinen Stich versetzt. Wie, er ist noch mit Sophie verabredet?
Ich mag Sophie nicht. Dafür gibt es vielleicht ein paar Gründe, aber die sind eigentlich unwesentlich. Denn wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, muss ich mir eingestehen: Das Hauptargument für meine Abneigung gegen Sophie ist, dass sie ähnlich gut mit meinem Kumpel befreundet ist wie ich.
Warum Freundschaften quasi Beziehungen sind
Im Grunde ist eine enge Freundschaft einer Beziehung ziemlich ähnlich. Man redet über (fast) alles, weint und lacht gemeinsam Tränen, übernachtet beieinander und liebt die andere Person über alle Maßen. Obwohl die körperliche Komponente meist ausbleibt, können Freundschaften ähnlich intim sein wie Beziehungen. Die emotionale Nähe ist schließlich die gleiche, wenn auch auf eine andere Art. Dementsprechend ähnlich kann auch das Gefühl von Eifersucht sein.
In Beziehungen gilt Eifersucht häufig als irrational, schließlich bleiben sich viele monogam lebende Paare treu und der Gedanke, dass da mehr sein könnte, existiert meistens nur in deinem Kopf. Bei Freundschaften ist das anders, denn auf platonischer Ebene leben wir alle poly. Niemand würde nur eine*n einzige*n gute*n Freund*in haben und andere emotionale Bindungen meiden, um dieser einen Person treu zu bleiben. Das heißt: Du bist höchstwahrscheinlich nicht der einzige Mensch, den dein*e Freund*in sehr gernhat. Ich würde von mir selbst behaupten, dass ich in Freundschaften sogar eifersüchtiger bin als in Beziehungen – vielleicht aus ebendiesem Grund.
Vor allem sehr gute Freundschaften sind anfällig für Eifersucht von einer oder auch von beiden Seiten. An „normalen“ Freund*innen hängt man normalerweise schließlich nicht so extrem wie an denen, die einen durch eine schwere Zeit begleitet haben, seit Ewigkeiten da sind oder einfach eingeschlagen haben wie eine Bombe.
Am liebsten würde ich mir die emotionale Absicherung von meinem Kumpel holen und ihn fragen: „Aber du magst mich doch mehr als Sophie, oder?“ – aber die erwachsene Person in mir hält mich davon ab. Sie weiß, dass das kindisch ist und dass ich diese Eifersucht nur empfinde, weil Konkurrenzdenken gezwungenermaßen meine Kindheit geprägt hat.