Eine Idee Liebe: Absolute Beginners
Wann hattet ihr euer erstes Mal? Wenn ihr dem deutschen Durchschnitt entsprecht, dann war das ungefähr mit 16 oder 17 Jahren. Wer nun Panik bekommt und glaubt, er oder sie sei ein Spätzünder, den kann ich beruhigen, bei mir war das nicht anders. Willkommen im Club!
Ich dachte auch verdammt lange, dass ich viel zu spät dran sei. Meine Freundinnen damals in der Schule fingen ungefähr mit 14 an von ihren ersten „echten“ Küssen zu berichten. Von Knutschereien auf Übernachtungspartys, von heimlichen Fummeleien im Kinderzimmer. Meistens stand ich dann nur daneben und drehte Däumchen, denn meine Interessen lagen eher bei der Schülerzeitung, im Theaterkurs oder im Kunstunterricht. Einige Jahre später begannen die Jungs auf Klassenfahrten dann mit ihren „Eroberungen“ anzugeben. Einige Mädchen hatten einen festen Freund und von manchen munkelte man, dass sie schon die Pille nahmen. Von Diskussionen über LGBTQIA* waren wir zu diesem Zeitpunkt noch weit entfernt. Schwul war keine sexuelle Orientierung, sondern ein Schimpfwort. Es wurde ein klarer Unterschied zwischen Jungs und Mädchen gemacht. Während die Herren der Schöpfung für ihre Bettgeschichten gefeiert wurden, hatten wir Mädels einen schweren Stand. Zu wenig oder kein Sex machten dich prüde. Doch hattest du zu viel, dann galtst du als billig. Wie man es macht, man macht es falsch.
Für mich hieß das zum damaligen Zeitpunkt vor allem eins: Fake it, till you make it.
Denn auch zwei Jahre später war ich immer noch ungeküsst. Das Abi kam näher, der Führerschein war mit Bravour absolviert, meine Noten waren passabel und dennoch hatte ich das Gefühl, irgendwie den Absprung verpasst zu haben. Was, wenn ich mich nie verlieben würde? Oder schlimmer, was wenn sich nie jemand in mich verlieben würde? Vielleicht war ich einfach zu groß für mein Alter oder nicht so feminin wie die anderen Mädchen? Was machte ich denn falsch?
Ich weiß noch, dass ich damals von der Schule heimfuhr und meiner Mum von meinem Debakel erzählte. Schließlich war ich schon fast erwachsen. Da musste man doch so langsam mal einen Freund haben, oder nicht? Meine Mum reagierte wie immer großartig und nahm mich in den Arm: „Schatz, weißt du, ich hatte meinen ersten Freund auch erst mit 19. Das war dein Papa. Mit dir ist gar nichts falsch. Du hast nur einfach andere Dinge im Kopf als Jungs. Der Richtige wird schon kommen, glaub‘s mir.“
Recht hatte sie. Einige Monate später zog ich in eine neue Stadt, ging auf die Uni und holte innerhalb kürzester Zeit all das auf, was ich zuvor so sehr herbeigesehnt hatte. Und siehe da, so unglaublich magisch und rosarot war das alles gar nicht. Eher betrunken, unbeholfen und ganz schön witzig. Denn wie sich herausstellte, muss auch Intimität gelernt sein. Ich möchte hier wirklich niemanden desillusionieren, aber die ersten Erfahrungen sind häufig weniger Hollywood und eher verwackelte Handykamera.
So viel also zu meinen Erlebnissen.
Doch was ist, wenn diese gar nicht einsetzen? Was, wenn man irgendwann 25, 35 oder 45 ist und noch nie jemanden geküsst hat, noch keinen Sex hatte und auch keine romantische Beziehung geführt hat?